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Gesellschaft

Razzia gegen Frauen in Manisa: Davutoğlu schaltet sich ein

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Das Anlegen von Handschellen an Frauen in Manisa hat in der Türkei lagerübergreifende Kritik ausgelöst. Premierminister Davutoğlu schaltete sich ein, der Polizeichef wurde vorübergehend suspendiert.

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Das Anlegen von Handschellen an Frauen, die bei einer Razzia in Manisa festgenommen wurden, hat in der Türkei Unmut und Empörung ausgelöst. Der Vorfall hat auch für die Verantwortlichen erste Folgen. Der Polizeichef von Manisa, Tayfur Erdal Ceren, wurde vorübergehend suspendiert. Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat eine Prüfung des Vorfalls angeordnet. Aus verschiedenen Lagern im Land gab es für die Behandlung der Frauen Kritik.

Bei den Razzien am Dienstag, die neben Manisa auch in Eskişehir und weiteren Städten erfolgte, wurden 26 Personen festgenommen. Ihnen wird eine Nähe zur Hizmet-Bewegung vorgeworfen. Sie sollen versucht haben, mittels einer terroristischen Vereinigung die Regierung zu stürzen. Das zumindest behauptet Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, der seit über zwei Jahren einen Rachefeldzug gegen die Bewegung führt.

Hier eine Auswahl der Stimmen:

Nazli Ilıcak (Journalistin):

„Ich bin dagegen, dass Menschen verhaftet werden, die lediglich gemeinnützige Arbeit leisten. Zum Kopftuch kann man folgendes sagen: Menschen, die einstmals für die Rechte der Kopftuchträgerinnen eintraten, sind zu Unterdrückern geworden, vor denen nun auch Kopftuchträgerinnen nicht mehr sicher sind. Jemandem Handschellen anzulegen, bloß aufgrund eines Verdachtsmoments, führt zur Erniedrigung und Rufmord dieser Personen. Sie sind keine Mörder oder Terroristen. Ich trenne hier nicht zwischen Kopftuchträgerinnen und anderen, auch nicht zwischen Frauen und Männern. Sie (die Regierenden) haben sich eine Terrororganisation ausgedacht und gehen damit gegen jeden vor.“

Deniz Ülke Arıboğan (Akademikerin):

„Es ist falsch, Menschen Handschellen anzulegen, von denen für die Umgebung keine Gefahr ausgeht. Es ist falsch und es hat nichts damit zu tun, ob die Betroffenen Frauen ein Kopftuch tragen oder nicht. Wäre es denn normal, wenn die Betroffenen keine Kopftücher trügen? Es ist einfach falsch. Punkt. Die Kleidung ist völlig uninteressant.“

Yücel Sayman (Ehemaliger Präsident der Anwaltskammer von Istanbul):

„Es ist egal, ob die Polizei dazu rechtlich befugt ist oder nicht. Denn es hat keine Folgen. Es war etwas, was erwartet wurde. Es wird noch schlimmer kommen. Es gibt nichts, dass rechtlich zu bewerten wäre, weil es kein Recht mehr gibt. Wo es kein Recht gibt, da werden die Machtträger es einsetzen, wie es ihnen beliebt.“

Zeynel Balkız (ehemaliger Präsident der Anwaltskammer von Manisa):

„Die Türkei sollte sich entscheiden: Wollen wir ein Rechtsstaat werden oder eine nahöstliche Republik? In Manisa wurden Personen festgenommen und ihnen Handschellen angelegt. Unter ihnen befinden sich auch zwei Hausfrauen und drei Anwälte. Das alles dient dazu, die Betroffenen vor der Öffentlichkeit einem Rufmord auszusetzen. Nach dem Gesetz werden Handschellen dann angelegt, wenn sie sich den Anweisungen und den Sicherheitskräften widersetzen. Gegen sie wird vorgebracht, sie könnten ins Ausland flüchten. Ich weiß aber, dass zwei der betroffenen Anwälte vor einer Woche aus dem Urlaub im Ausland zurückgekehrt sind.“

Ali Haydar Konca (HDP-Abgeordneter):

„Ich hatte eigentlich erwartet, dass sie nach der gewonnenen Wahl eine Mäßigung an den Tag legen werden, dass sie für eine Atmosphäre eintreten werden, in dem die Menschen sich vielleicht nicht unbedingt in die Arme fallen, aber zumindest wieder grüßen. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Sie greifen die Hizmet-Bewegung an, sie greifen unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, die Kurden an, sie greifen jeden an. Wo soll das hinführen? Sie sind in der Lage, uns überall, jederzeit festzunehmen.“

Selina Doğan (CHP-Abgeordnete):

„Handschellen sind kein Mittel der Bestrafung. Die Polizei versucht mit Handschellen, Pfefferspray und Wasserwerfern die Macht des Staates zu demonstrieren. Wir sehen vor uns einen Polizeistaat, der das ganze Volk samt der Frauen und Kinder als eine Bedrohung begreift.“

Lütfü Türkkan (ehemaliger Abgeordneter der MHP):

„Niemand aus dem islamischen Lager hat gegen die Behandlung dieser Menschen protestiert. Kann so etwas sein? Sind die Menschen derart unbekümmert? Das eigentliche Problem liegt an diesem Punkt. Es ist traurig, die Menschen sind eingeschüchtert, haben Angst.“

Mit welcher Mentalität die Polizei teilweise gegen die Bürger vorgeht, wurde vergangenen Freitag bei einem Protest in Istanbul deutlich. Die Reporterin Beyza Kural wurde trotz Vorzeigens des Presseausweises festgenommen, ihr wurden Handschellen angelegt. Durch das beherzte Eingreifen ihrer Journalistenkollegen kam sie in letzter Sekunde frei. Ein Polizist rief: „Von nun an ist nichts mehr so wie früher. Wir werden euch dies beibringen.“