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Wirtschaft

Alternative zu Russland: Die Türkei als Kernstück für Europas Energieversorgung

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Durch die kriegerischen Zustände in der Ukraine und im Nahen Osten könnte auf die Türkei eine neue Rolle zukommen: die eines zentralen Energieumschlagplatzes. Vielleicht geht das Land als Gewinner aus der regionalen Krise hervor. (Foto: rtr)

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Durch die kriegerischen Zustände in der Ukraine und im Nahen Osten könnte auf die Türkei eine neue Rolle zukommen: die eines zentralen Energieumschlagplatzes. Vielleicht geht das Land als Gewinner aus der regionalen Krise hervor.
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Die türkische Regierung hat immer davon geträumt, aus der geografischen Lage des Landes zwischen den rohstoffreichen Ländern des Kaukasus und dem Nahen Osten einerseits und dem energiehungrigen Europa andererseits Kapital zu schlagen. Aber eine Mischung aus untragbar hohen Kosten und geschickter Lobbypolitik des Kremls hielt Europa bis jetzt in Abhängigkeit von russischem Öl und Gas.

Durch die sich weiter verschärfende Krise in der Ukraine, eines der wichtigsten Energietransferländer für Russland, ergeben sich neue Exportchancen für Ressourcen, die sich in kurdisch kontrollierten Gebieten des Irak befinden, ein Gebiet, das an den Südosten der Türkei grenzt. Nach Angaben von eurasianet sähe sich Europa damit erstmals in der Lage, sich von der energiepolitischen Umarmung Russlands bei Erdgas lösen. Das könnte zu einer Beschleunigung des Baus der irakisch-kurdischen Pipelines in die Türkei führen.

Europa hat öffentlich bisher noch kein Interesse an kurdischen Rohstoffressourcen gezeigt, ist vielleicht auch von der Dynamik der Geschehnisse in der Region überrascht. Die Türkei allerdings, die den größten Teil ihres Erdgases aus Russland über die Ukraine bezieht, hat dieses Interesse definitiv. Es ist noch gar nicht lange her, da Ankara den halbautonomen Status Kurdistans mit Argwohn beäugte und eine Ausweitung von Unruhen auf sein Territorium befürchtete.

Schwarzes Gold aus Kirkuk: Alternative zu Rohstoffen aus Russland?

Jetzt zollt man sich Respekt und es werden Hände geschüttelt. Das Gebiet der Kurden im Irak trägt den Hauptanteil an dem Geschäft, das dieses Gebiet für die Türkei zum zweitgrößten Handelspartner nach der EU werden ließ. Eine im Juni abgekündigte und auf 50 Jahre angelegte Energiepartnerschaft mit Irakisch-Kurdistan unterstreicht bereits anschaulich die Tiefe der Beziehungen.

Irakisch-Kurdistan soll über riesige Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügen. Dabei steht vor allem die Stadt Kirkuk im Mittelpunkt des Interesses. Mitte Juni haben kurdische Peshmaerga-Milizen – wohl mit amerikanischer Hilfe – die Stadt erobert. „Nur mit Kirkuk rechnet sich das Geschäft für die Türkei“, sagte Aslı Aydıntaşbaş von der Tageszeitung Milliyet. In Kirkuk werden pro Tag eine halbe Million Barrel Öl gefördert. Die kurdische Regionalregierung arbeitet jetzt mit Nachdruck daran, seine Energiereserven an die in die Türkei führende Pipeline anzubinden.

Ein außenpolitischer Coup

Die energiepolitischen Annäherungen zwischen der Türkei und den kurdischen Gebieten im Irak haben bereits die Regierung in Bagdad auf den Plan gerufen, die Rohstoffexporte ohne ihre Erlaubnis verbieten möchte. Doch das scheint Ankara nicht zu interessieren. Nach Angaben einer nicht weiter benannten Quelle aus der türkischen Energieindustrie soll die kurdische Regionalregierung im Mai über die türkische Halk-Bank 100 Millionen Dollar für den Verkauf von Öl an einen israelischen Käufer erhalten haben. Die Halk-Bank dementierte die Berichte.

„Wenn sich die Pläne umsetzen lassen, wäre das einer der größten außenpolitischen Erfolge der Türkei überhaupt“, so der Analyst Sinan Ülgen von Carnegie Europe über die neuen energiepolitischen Perspektiven und die aktuelle Rohstoff-Politik des Landes am Bosporus.