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Politik

Was steckt hinter dem Angriff auf die sudanesische Waffenfabrik?

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Nicht nur Iran, Gaza oder der Libanon gelten in Israel als feindlich gesinnte Gemeinwesen. Auch der Sudan wird aufmerksam beobachtet. Ging die kürzlich erfolgte Zerstörung einer dortigen Waffenfabrik von Israel aus? (Foto: reuters)

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Von Fikret Ertan

Während der auf Grund des Friedensvertrages von 2005 unabhängig gewordene Südsudan als ein enger Verbündeter Israels gilt, betrachtet man den Norden des Landes in Jerusalem als feindseliges Gebilde, von dem Waffenlieferungen und logistische Unterstützung für terroristische Gruppen und für Staaten ausgehe, die israelisches Territorium im Visier haben sollen. Vor zwei Wochen ging im Süden der sudanesischen Hauptstadt Khartum eine Munitionsfabrik in Flammen auf. Beobachter geben an, vier aus östlicher Richtung kommende Kampfflugzeuge beobachtet zu haben, die mehrere Raketen abgefeuert haben sollen.

Das Ziel dieses mutmaßlichen Angriffs war eine Fabrik mit dem Namen Yarmouk, welche klassische Waffen und Munition herstellt. Fotos und Satellitenaufnahmen ließen im Zuge ihrer Auswertung auch leicht erkennen, dass dieser Ort aus der Luft durch Flugzeuge angegriffen worden sein musste. In der Umgebung der Fabrik sind darüber hinaus große Krater mit einem Durchmesser von bis zu 16 Metern entstanden, die einen Luftangriff mit schweren Bomben als außerordentlich wahrscheinlich erscheinen lassen. Im Zuge des Angriffs wurde die Fabrik 60% vollständig und 40% nur teilweise zerstört. Sudanesische Quellen hatten zuvor von einer vollständigen Zerstörung, 2 Toten und einer schwer verletzten Person gesprochen.

Bisherige Spuren weisen nach Israel

Es gilt vor dem Hintergrund der bislang vorliegenden Erkenntnisse als höchst wahrscheinlich, dass die Bomben durch vier Kampfflugzeuge abgeworfen wurden, die vom Stützpunkt der israelischen Luftwaffe in der Nähe des Hafens von Eilat am Roten Meer gestartet waren. Von offizieller Stelle des Sudan wird jedenfalls davon ausgegangen, dass die Fabrik von israelischen Flugzeugen angegriffen worden sei. Der sudanesische Informationsminister Ahmet Bilal Osman gab an, dass die Bomben, die bei dem Angriff auf die Yarmouk-Fabrik verwendet worden wären, definitiv aus Israel kommen würden; dass bei Untersuchungen der Trümmer Teile von Bomben und Raketen gefunden worden wären, die israelischen Flugzeugen zugeordnet werden könnten. Zudem wären die Radar- und Kommunikationssysteme vor dem Angriff außer Funktion gesetzt worden – was eine ausgereifte Technologie voraussetze.

Aus Israel gibt es keine offizielle Erklärung zu den Explosionen. „Es gibt nichts, was ich zu diesem Thema sagen könnte“, gab Verteidigungsminister Ehud Barak bekannt, ohne die Vorwürfe ausdrücklich zu dementieren. Auch Amos Gilad, der Verantwortliche für politische und politisch-militärische Angelegenheiten im israelischen Verteidigungsministerium, verweigerte jedwede Stellungnahme, gab jedoch eindeutig-mehrdeutig zu bedenken, dass der Sudan ein gefährlicher Staat sei, der den Terrorismus fördere und dem Iran Unterstützung leiste.

Bereits bekannt ist, dass der Sudan seit 2009 bereits mehrfach zum Angriffsziel israelischer Flugzeugen geworden war. In den Monaten Januar und Februar 2009 wurde ein großer Luftangriff auf einen Fahrzeugkonvoi ausgeführt. Nach Angaben sudanesischer Offizieller wären 119 Menschen dabei ums Leben gekommen, davon wären 56 Waffenschmuggler gewesen, 63 jedoch Flüchtlinge aus Äthiopien, Somalia und anderen Orten. Israel verwies in diesem Zusammenhang auf die Angewohnheit terroristischer Gruppen, Unbeteiligte als menschliche Schutzschilde zu vereinnahmen.

Darüber hinaus hatte Israel sich auch damals entschieden, zu den Angriffen zu schweigen. Die angesehene Tageszeitung „The Times“, israelische Zeitungen selbst und viele andere internationale Medien hatten unter Angabe von Einzelheiten berichtet, dass dies ein Angriff seitens Israels gewesen wäre. So hatte die „Times“ damals behauptet, dass der Angriff mit F-16, F-15 und unbemannten, bewaffneten Flugzeugen stattgefunden hätte.

Olmert: „Kein ruhiges Hinterland für unsere Feinde“
Auf diese Behauptung hatte der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert während einer Sicherheitskonferenz in Herzliya zur Antwort gegeben: „Überall, wo wir eine terroristische Infrastruktur angreifen können, werden wir aktiv. Das kann in der Nähe sein oder in der Ferne, es spielt überhaupt keine Rolle. Jeder kann dabei seine Fantasie spielen lassen. Entscheidend ist: Es gibt keinen Ort, den Israel nicht erreichen könnte. Einen solchen Ort gibt es nicht.“ – Beobachter meinten übereinstimmend, darin eine eindeutige Botschaft Israels an Staaten erkannt zu haben, von denen Jerusalem annimmt, sie würden sich in irgendeiner Weise an feindseligen Aktionen gegen das Land beteiligen.

Im Zuge eines zweiten Angriffs wurde ein Schiff im Roten Meer versenkt. Das Ziel beider Angriffe war es, Waffen und Munition, die mutmaßlich für den Gazastreifen bestimmt waren, zu zerstören. Wie nah die Angriffe diesem Ziel gekommen sind, ist ungewiss.

Auch im Jahr 2011 hat Israel im Sudan, in der Nähe der ägyptischen Grenze, zwei Mal einen LKW-Konvoi aus der Luft angegriffen und zerstört. Darüber, ob es noch weitere Angriffe gegeben hatte, gibt es keine belastbaren Angaben.

Es erscheint jedoch als eindeutig: Der Sudan gehört spätestens seit 3-4 Jahren zu den potenziellen „fernen Zielen“ Israels, von denen Olmert einst gesprochen hatte. Die israelischen Flugzeuge hatten vor dem letzten Angriff in Khartum eine Distanz zum Ziel von 1900 km zurückgelegt. Diese Distanz ist in etwa so groß wie jene von Israel in den Iran. Israel hat mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Angriff in Khartum dem Iran und allen anderen potenziellen Feinden eine Botschaft mitgeteilt, wonach man problemlos in der Lage wäre, auch weit entfernte Ziele zu treffen und zu zerstören.

Botschaft an den Iran

Außerdem dürfte Israel durch den Angriff auf die Yarmouk-Fabrik, welche vom Sudan und dem Iran gemeinsam geführt wurde, insbesondere Letzterem eine Nachricht übermittelt haben, die da lautet: „Es ist egal, wo du eine Waffenfabrik gründest, ich zerstöre sie.“

Israel hatte mit dem Angriff auf den Konvoi und die Waffenfabrik im Sudan insbesondere versucht, aus dem Sudan kommenden Nachschub an Waffen und Munition für den Gazastreifen zu unterbinden. Gleichzeitig hat man die militärische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und dem Sudan als solche im Visier.

Kritiker werfen Israel vor, durch Angriffe dieser Art das Völkerrecht zu verletzen, da Kriegshandlungen auf den Territorien fremder souveräner Staaten gesetzt werden. Israel beruft sich seinerseits auf das Recht auf Selbstverteidigung angesichts der anhaltenden Bedrohung des Landes durch Terrorismus und betrachtet es als legitim, bereits die Nachschubsrouten unter Beschuss zu nehmen, noch ehe die Raketen aus dem Gazastreifen Israels Städte erreichen.

Antworten auf die Frage, wie sich Eskalationen dieser Art bereits im Vorfeld vermeiden lassen, können jedoch auch die Kritiker nicht geben.