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Politik

Wer ist „İsmail“? Rätselraten um unbekannten Teilnehmer im Verfahren gegen Polizeibeamte

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Im Verfahren gegen zahlreiche Polizeibeamte wegen angeblicher illegaler Abhörmaßnahmen melden sich erste Beschuldigte zu Wort. Besonders mysteriös ist dabei die Rolle einer unbekannten Person in Zivil, die mit bei Verhören anwesend war. (Foto: zaman)

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Im Verfahren gegen zahlreiche Polizeibeamte wegen angeblicher illegaler Abhörmaßnahmen melden sich erste Beschuldigte zu Wort. Besonders mysteriös ist dabei die Rolle einer unbekannten Person in Zivil, die mit bei Verhören anwesend war.
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Vier der Polizeibeamten, die Anfang der Woche im Zuge einer breit angelegten Operation gegen Polizeikräfte festgenommen worden waren, wurden vom 5. Friedensstrafgerichtshof in Istanbul in Untersuchungshaft genommen. Ihnen wird vorgeworfen, den höchstpersönlichen Lebensbereich mehrerer Personen verletzt zu haben. Sie waren am 5. August wegen des Verdachts festgenommen worden, illegale Abhörmaßnahmen und Spionagetätigkeiten durchgeführt zu haben.

Ihre Anwälte haben es beanstandet, dass sie nun auf der Basis eines anderen Tatbestandes inhaftiert wurden. Die Beamten wurden in das Metris-Gefängnis überstellt. 13 Beschuldigte wurden freigelassen, weitere 13 wurden zur Entscheidung über eine Inhaftierung an das Gericht überstellt.

Am Mittwoch war bereits ein Beamter freigelassen worden, nachdem er vor der Staatsanwaltschaft ausgesagt hatte. Mehrere andere wurden wiederum in Haft genommen, ohne befragt worden zu sein. Diese hatten zuvor die Ablösung eines der Staatsanwälte wegen Befangenheit beantragt. Dieser Antrag wurde umgehend abgelehnt. Daraufhin lehnten die Beschuldigten eine Aussage ab. Sie wurden in weiterer Folge ohne Befragung ans Gericht überstellt. Beschuldigtenanwalt Ahmet Arslan (Titelbild Mitte)  sieht darin eine Verletzung des Fair-Trial-Grundsatzes.

„Parallelstruktur“ war kein Inhalt der Befragung

Gerüchte, wonach der Beschuldigte Fatih Yılmaz geflohen sei, haben sich als unzutreffend herausgestellt. Der Beamte, gegen den ein Haftbefehl vorliegt, war der Vorladung zur polizeilichen Vernehmung nicht nachgekommen, weil sein Kind, das an Leukämie litt, wenige Tage zuvor gestorben war. Den Quellen zufolge habe der Beamte eine Verlegung der Einvernahme beantragt und befinde sich in seiner Heimatstadt Tokat, wo die Begräbniszeremonie stattfinde. Yılmaz werde sich im Laufe der nächsten Tage im Gericht in Istanbul einfinden.

Alle 32 festgenommenen Beamten wurden am Mittwoch auch ihrer Funktionen enthoben. Die meisten der Betroffenen waren bereits im Vorfeld nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen am 17. Dezember 2013 ihrer Ämter enthoben oder versetzt worden. Es wird weithin davon ausgegangen, dass es sich bei der Operation vom 5. August um einen Racheakt seitens der Regierung handelt, die von Beginn an die Korruptionsermittlungen als Resultat einer vom Ausland gesteuerten und durch eine „Parallelstruktur“ im Inland umgesetzten Verschwörung betrachtete, deren Ziel es sei, die Administration Erdoğan zu beseitigen. Diese „Parallelstruktur“ soll nach Auffassung des Premierministers Recep Tayyip Erdoğan von der Hizmet-Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen getragen worden sein.

Bereits am 22. Juli waren in einer Polizeioperation unter dem gleichen Prätext 115 Polizeibeamte festgenommen worden. 31 von ihnen wurden in weiterer Folge in Untersuchungshaft genommen.

Die freigelassenen Polizeibeamten äußerten sich noch am Donnerstag gegenüber den Medien. Der ehemalige Polizeichef Halil Kocabaş gab an, er wäre festgenommen worden, als er gerade zu Hause fernsah. „Es heißt, die Festnahmen seien Teil eines Kampfes gegen die ‚Parallelstruktur‘. Man hat mich aber nichts über eine ‚Parallelstruktur‘ gefragt. Es gibt auch keine ‚Parallelstruktur‘, das ist eine Lüge.“ Er sei in weiterer Folge ohne jedweden Grund zwei Tage lang im Polizeigewahrsam behalten worden.

Bericht des Innenministers als einziges Beweismittel

Murat Turan wiederum sei eigenen Angaben auf dem Weg nach Ankara in Gewahrsam genommen worden. Er sei in diesem Moment auch suspendiert worden. Man habe ich gefragt, warum er einen Polizeioffizier abhören habe lassen, der im Verdacht stand, einer linksextremen Terrorgruppe geholfen und diese begünstigt zu haben.

Auch einer der Anwälte einiger Beschuldigter aus der Operation vom 22. Juli, Ömer Turanlı, gab in einer Pressekonferenz an, mehrere Offiziere seien dazu gezwungen worden, im Gefängnis zu bleiben, obwohl es keinerlei Beweise für ein gesetzwidriges Handeln ihrerseits gegeben habe. „Wir hatten die Vorlage von Dokumenten oder Beweismitteln verlangt“, so Turanlı. „Sie haben uns aber nichts dergleichen vorweisen können. Der Grund hierfür ist, dass solche Dokumente und die dazugehörigen Verbrechen nicht existieren.“ Die gesamte Operation sei lediglich auf einen Bericht aufgebaut, den der Innenminister angefertigt habe und der parteiisch und einseitig sei.

Alle 32 festgenommenen Beamten wurden am Mittwoch auch ihrer Funktionen enthoben. Die meisten der Betroffenen waren bereits im Vorfeld nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen am 17. Dezember 2013 ihrer Ämter enthoben oder versetzt worden. (zaman)

Der Akademiker Hüseyin Yayman, der als Kolumnist für die Tageszeitung Vatan tätig ist, behauptete am Donnerstag zudem, der türkische Geheimdienst (MİT) habe im Zuge ihres Kampfes gegen die „Parallelstruktur“ gegen 50 Mitglieder der eigenen Belegschaft ermittelt. Die „Parallelstruktur“ soll demnach versucht haben, den Geheimdienst unter ihre Kontrolle zu bringen, nachdem MİT-Untersekretär Hakan Fidan zu einer Vernehmung vorgeladen worden sei. Nachdem dieser die Aussage verweigert habe, sei der Plan gescheitert.

Yayman meinte auch, sollte Erdoğan zum Präsidenten gewählt werden, würde Fidan das Außenministerium übernehmen und der derzeitige Außenminister Ahmet Davutoğlu würde das Amt des Regierungschefs übernehmen. Yayman nannte keine Quellen, weshalb Spekulationen darüber laut wurden, wie ein Journalist Kenntnis über interne Vorgänge im MİT erlangt haben könnte.

Befragung durch unbekannten Mann in Zivil: Wer ist Ismail?

Einer der inhaftierten Beamten, Veli Karlı, soll im Zimmer des Staatsanwalts Okan Özsoy am 28. Juli von einem bis dato immer noch unbekannten Mann in Zivil befragt worden sein. Dieser solle ihn unter anderem danach gefragt haben, ob sein Anwalt von der Hizmet-Gemeinschaft angeheuert worden sei und ob er die Zaman abonniert habe. Karlıs Anwalt durfte der Befragung nicht beiwohnen. Der Mann soll Karlı „Schwierigkeiten“ angedroht haben, sollte er sich weigern, ihm zu erzählen, was er über die Hizmet-Bewegung wisse.

Als Karlı sich weigerte, auszusagen, soll Staatsanwalt Özsoy wütend geworden sei und den Beschuldigten aufgefordert haben, einen Zettel zu unterschreiben, auf dem Stand, er verweigere seine Aussage gegenüber dem Staatsanwalt.

Die Person, die sich im Zimmer befunden haben soll, sei Beobachtern zufolge am 22. Juli auch mit im Raum gewesen, als einige Verteidiger der Beschuldigten am 22. Juli gemeinsam mit dem Abgeordneten der Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP), Mahmut Tanal (Şanlıurfa) in eine Sitzung stürmten, in der neben dem Richter auch mindestens ein Geheimdienstmitglied, der Chef der Antiterroreinheit, Kayhan Ay, der stellvertretende Generalstaatsanwalt Orhan Kapıcı die erwähnte unidentifizierte Person in blauem T-Shirt anwesend war. Als die Verteidiger nach deren Identität fragten, rief der Richter dieser zu „Lauf, İsmail, lauf!“, worauf der Mann fluchtartig den Raum verlassen haben soll.