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Politik

Das Ende der Ära Assad – Was danach zu tun ist

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Der absehbare Sturz des syrischen Diktators Assad – von dem sich auch Russland immer mehr distanziert – wird die Zukunft des Nahen Ostens entscheidend verändern. Vor allem die Kurden könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen. (Foto: dpa)

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Das Ende der Ära Assad – Was danach zu tun ist
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Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen hatte sich vor allem Hillary Clinton darüber beschwert, keinen Ansprechpartner in der syrischen Opposition zu haben. Sie hat nun bekommen, was sie wollte. Im mittlerweile 21. Monat des Bürgerkrieges wurde die syrische Opposition in Form der „Nationalen Koalition“ von der Internationalen Gemeinschaft anerkannt.

Mehr als 100 Staaten akzeptieren nun diesen Dachverband der syrischen Opposition als einzige rechtmäßige Vertretung des Landes. Die Internationale Gemeinschaft weigert sich jedoch vorerst, wie zuvor in Libyen auch, die Oppositionellen offen zu unterstützen und geben vorerst nur diplomatische Hilfestellung. Doch wichtige Institutionen, allen voran die NATO, prophezeien der Assad-Regierung ein baldiges Ende.

Selbst Russland, das zu den wenigen verbliebenen Verbündeten der syrischen Führung von Staatschef Bashar al-Assad gehört, rückt von Damaskus ab. Russland hat den Chef des wichtigsten syrischen Oppositionsbündnisses zu Gesprächen eingeladen. Eine Einladung sei bereits an Ahmed Moas al-Chatib gegangen, und das Treffen könne entweder in Moskau oder an einem ausländischen Ort wie Genf oder Kairo stattfinden, zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti am heutigen Freitag Vize-Außenminister Michail Bogdanow. Al-Chatib steht der jüngst gegründeten Syrischen Nationalen Koalition vor.

Warum es nicht noch einmal 21 Monate dauern wird

Ich höre noch die Stimmen, die in den letzten 21 Monaten mehrmals ähnliche Nachrichten vernommen hatten und mit der Thematik in Syrien vertraut sind, „Schon wieder?” fragen. Allerdings ist die Situation jetzt eine andere. Assad hat kürzlich erstmals Scud-Raketen gegen die Opposition eingesetzt. Russland hat erstmals die Möglichkeit angesprochen, dass die Opposition siegen könnte und eine mögliche Post-Assad-Ära zum Thema gemacht. Der stellvertretende russische Außenminister Michail Bogdanov hat zugegeben, dass die Assad-Regierung das Land nicht mehr unter Kontrolle habe und die Oppositionellen siegen könnten.

In diesen 21 Monaten haben 40.000 Menschen in Syrien ihr Leben gelassen. Circa drei Millionen Menschen haben ihre Heimat verloren, mehr als 400.000 mussten dabei das Land verlassen. Selbst wenn Syrien, das nicht allzu große Erdöl- und Erdgaseinnahmen hat, in kürzester Zeit seine ‚Freiheit‘ erlangen könnte, wird es lange dauern, bis die innere Sicherheit erlangt und ein neues Syrien wiedererrichtet worden sein wird.

Wie wird das Land nach Assad regiert werden? Da es kein leichtes sein wird, Araber, Aleviten, Christen und Kurden, die keine territoriale Heimat in Syrien fanden und die sich in einigen Städten bereits gruppiert haben, in Föderationen zusammenzubringen, kommt nun die Frage auf, ob sich der Bürgerkrieg nach Assad in eine andere Richtung bewegen wird.

Schlüsselrolle für Ankara

In Tunesien und Ägypten hat das Militär dies verhindert und war in positiver wie in negativer Weise entscheidend daran beteiligt, eine neue Ordnung zu etablieren. In Libyen hingegen, wo das Militär gespalten war, versucht nun die Gruppe, die mit Hilfe der NATO gesiegt hat, unter ihrer Vorherrschaft eine neue Ordnung aufzubauen. Es kann aber einige Zeit dauern, bis die syrische Opposition ihre Legitimität auch faktisch entfalten wird können und in der Lage sein wird, die innere Sicherheit aufrechtzuerhalten.

Das oberste Ziel Ankaras ist es, im neu zu errichtenden Syrien einen dauerhaft lebensfähigen und in Fragen der Sicherheit nicht schwächelnden Nachbarn zu finden. Die vorangegangenen 21 Monate, in denen man den Oppositionellen teils offene, teils geheime Hilfe zukommen ließ, diplomatische und teilweise auch militärische Unterstützung bot, haben Ankara angesichts der Ereignisse im Land schwere Zeiten durchleben lassen. Der Abgang Assads entscheidet unmittelbar über die Voraussetzungen für eine erfolgreiche und einfachere Zukunft für das Land.

In der Ära nach Assad muss die Türkei, nicht zuletzt auf Grund der Unsicherheit, die von der PKK ausgeht, eine Position einnehmen, die die Rechte der Kurden schützt. Es ist existenziell wichtig, auf diese Weise den Einfluss der PKK im neuen Syrien zu unterbinden, ebenso wichtig muss es auch für Ankara sein, die dortigen Kurden vor der Unterdrückung durch vor Ort herrschende Kräfte zu schützen. Es wäre töricht zu glauben, die in der Türkei lebenden Kurden würden nicht registrieren, wie man ihre Verwandten in Syrien behandelt und daraus Schlüsse ziehen, wie sie sich im Neuen Nahen Osten zu verhalten hätten, um Vorteile zu ziehen.

In einem Gebiet, in dem die Grenzen immer stärker als künstlich erscheinen, darf man das Kurdenproblem nicht mehr national betrachten, sondern muss das gesamte Gebiet aus einer lokalen Perspektive bewerten. Kurden sind die ältesten Freunde der Türken, im Nahen Osten können sie mit ihnen schnell in Dialog treten.

Jeder Satz, den wir in Bezug auf Freiheiten im Neuen Nahen Osten formulieren werden, wird durch den Filter ‚Kurdenproblematik‘ betrachtet werden. Mit ihren mutigen Entscheidungen hat die AKP umgesetzt, was ihre Vorgängerregierungen nicht gewagt hatten. Nun muss sie, ohne Wahlergebnisse fürchten zu müssen, die neue zivile Verfassung so etablieren, dass diese auch dem gesamten Nahen Osten als Beispiel dienen kann. Denn wenn die Türkei so etwas schaffen kann, dann können es andere auch.

Iran vor völliger Isolation

Auf einer internationalen Konferenz im vergangenen Jahr in Indien haben iranische Akademiker versucht, nach dem vorgegebenen Duktus ihres ihnen Lohn und Order gebenden Regimes dessen Position bis zum Letzten zu verteidigen und nutzten die Wendung, ‚die Türkei habe in Syrien auf ein falsches Pferd gesetzt‘. Dass ein Regime, dessen Politik nicht auf Werten beruht, die Situation in Syrien wie ein Pferderennen betrachtet, erscheint durchaus als konsequent. Wenn die Assad-Regierung gestürzt wird, wird die Einsamkeit Irans jedoch noch deutlicher zutage treten und Teherans Probleme werden gravierender werden. Je mehr sich die Situation im Nahen Osten normalisiert, desto mehr wird der Iran an den Rand getrieben.