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Kolumnen

FAZ, Gülen und die Europa-Rede von Schulz

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Rainer Hermanns FAZ-Beitrag über die Hizmet-Bewegung hat nach dem unterirdischen “Spiegel”-Artikel bei vielen das Vertrauen in den Qualitätsjournalismus wiederhergestellt. Süleyman Bağ schildert seine Eindrücke von einer Großveranstaltung.

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Letzten Freitag hatte ich Besuch aus dem Ruhrgebiet. Hartmut Dreier aus Marl und Thomas Dressen aus Gladbeck kenne ich bereits seit den 90er-Jahren. Für drei Tage sollten sie nach Berlin kommen. Sie sind beide christliche Theologen und wertvolle Menschen, die stets gemeinsam mit ihren Familien der interreligiösen Dialogarbeit große Bedeutung beigemessen haben.

Sogar ihre Reisen richten sie nach ihren Dialogaktivitäten aus. So kam es auch, dass wir 2003 gemeinsam mit Hartmut und Almuth Dreier eine Reise nach Kirgisistan und Usbekistan unternahmen. Auch wenn sie ihr Pensionsalter längst überschritten haben, ist das Dreier-Paar jedes Jahr – in diesem Jahr übrigens bereits zum 12. Mal – bei den Organisationsarbeiten des Abrahamsfestes der Religionen, das Christen, Juden und Muslime gemeinsam feiern, aktiv mit dabei.

Nachdem meine Gäste aus dem Ruhrgebiet über diese und andere Aktivitäten erzählt hatten, kamen wir auf das Thema “Hizmet-Bewegung” zu sprechen, für welches sie sich auch interessierten. Der vor ein paar Monaten im “Spiegel” veröffentlichte Artikel hatte auch sie offenbar sehr gestört.

Herr Dreier, der seit den 80er-Jahren regelmäßig in die Türkei gereist war, erzählte von einem Ereignis aus dem Jahre 1996. So wie viele deutsche Touristen reiste er damals mit einer Gruppe weiterer Deutscher in verschiedene Gebiete der Türkei. Im Anschluss daran trafen sie sich mit einem deutschen Journalisten, um die Reise zu bewerten und offene Fragen zu klären. Der Name des Journalisten, der sich mit dieser Touristengruppe damals getroffen hatte, stand letzten Samstag unter einem Artikel mit der Überschrift „Tue Gutes und lasse es wirken“: Es war Rainer Hermann.

Dr. Hermann, der selbst Islamwissenschaften und Volkswirtschaftslehre studiert hatte, verfolgte die Geschehnisse in der Türkei seit 1991. Herr Dreier fasste seine Erinnerungen an das Treffen folgendermaßen zusammen: Nachdem Rainer Hermann ihnen die wirtschaftliche und politische Situation des Landes geschildert hatte, schrieb er einen Namen an die Tafel: Gülen! Er las den Namen vor und fügte hinzu: „Das ist eine wichtige Person. Haltet Euch über seine Aktivitäten auf dem Laufenden.“ Dann erzählte er ihnen über die Hizmet-Aktivitäten in der Türkei.

Rainer Hermann war einer der ersten ausländischen Journalisten, die jemals über Hizmet geschrieben hatten. Mit seinem Fortgang aus der Türkei erlebte die FAZ hinsichtlich der Berichterstattung über das Land einen enormen Qualitätsverlust. Manche Menschen sind eben schwer zu ersetzen.

Wie der Artikel selbst, so sprechen auch die von den Lesern online geposteten Kommentare dazu eine deutliche Sprache. Der Artikel, den Hermann verfasst hatte, rief seit Sonntag nicht weniger als 366 Meinungsäußerungen in der Onlineausgabe der FAZ hervor.

Viele Artikel wurden seit den ersten diesbezüglichen Veröffentlichungen Rainer Hermanns zum Thema Fethullah Gülen und Hizmet-Bewegung in den deutschen Printmedien veröffentlicht. Jedoch war keiner davon so anmaßend, negativ und spöttisch, wie jener Artikel, der am 7.8.2012 im “Spiegel” erschienen war. Dieser Artikel hatte eine tiefe Wirkung hinterlassen und die Herzen so vieler Freiwilliger, die Millionen von Euros in die Bildung und damit in die Zukunft Deutschlands investiert hatten, gekränkt. Der “Spiegel” hatte in diesem Artikel gezeigt, wie tief das Niveau eines parteilichen Tendenzjournalismus sinken kann.

Die FAZ und Rainer Hermann hingegen erinnerten mit ihrem Artikel an das, was Journalismus eigentlich ist und was er leisten kann: An den Ursprung gehen, den Akteuren zuhören, seine eigene Meinung bilden und Gehörtes und Gesehenes, ohne zu verzerren, den Lesern zu präsentieren. So sollten Journalisten doch eigentlich vorgehen, nicht?!

Der Anlass für die Reise meiner Gäste nach Berlin war eigentlich auch nicht der Besuch bei mir, sondern eine Einladung zu einem “Europa-Rede”, das in Zusammenarbeit von drei Stiftungen organisiert worden war. Der Redner der diesjährigen Veranstaltung, die von der Konrad Adenauer-Stiftung, der Robert Bosch-Stiftung und der Berlin Zukunft-Stiftung gemeinsam auf die Beine gestellt worden war, war Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlamentes.

Vor namhaften Mitgliedern der Bundesversammlung wurde die Rede von Schulz im Paul Löbe-Haus vorgetragen. Über 900 Gäste aus Wirtschaft, Politik, NGOs und Kunst wohnten dieser Veranstaltung bei, darunter auch Hartmut Dreier und Thomas Dressen.

Pressepartner dieser Organisation war die “Frankfurter Allgemeine Zeitung”. Die Veranstaltung endete am Freitagabend um 18.30. Beim Verlassen des Saales ging ich noch zum Stand der FAZ und nahm mir eine Zeitung mit. Normalerweise wird die Zeitung für den nächsten Tag um ca. 22.00 Uhr gedruckt. Diesmal wurde der Druck jedoch vorgezogen.

Deshalb hielt ich nicht mehr die Freitags-, sondern bereits die Samstagsausgabe in der Hand. Noch bevor die Zeitung am nächsten Tag in den Vertrieb ging, konnte sie bereits am Vorabend in Berlin gratis an 900 wichtige Personen aus ganz Deutschland verteilt werden.

Ob unter diesen wohl auch jener Journalist des “Spiegel” war, der, damals im August – von seinem Berufsehrgeiz getrieben -, ganz auf seine Journalistenmoral verzichtet hatte?

Weiterführende Links: 

„Popp-Artikel schadet Spiegel“
 
Eine Mafia ohne Gewalt, Alkohol und Frauenhandel 
In die Irre geführt von Dritten