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Panorama

Bilanz der Gewaltorgie in Köln: 44 Polizeibeamte verletzt, 6 Festnahmen, 57 Strafanzeigen

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Es sind die heftigsten Krawalle seit langem in NRW: Tausende Hooligans ziehen am Sonntag durch Köln. Als Steine und Flaschen auf Einsatzkräfte fliegen, setzt die Polizei Wasserwerfer ein. Rechtsradikale Gruppen unterstützten den Aufmarsch. (Foto: dpa)

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Zerstörte Glasscheiben am Zugang zum Hauptbahnhof sind am 27.10.2014 in Köln (Nordrhein-Westfalen) zus sehen. Bei einer Demo gegen Salafisten haben sich Hooligans und Rechtsradikale am Hauptbahnhof massive Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert.
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Die Urheber der Veranstaltung wollten ursprünglich vor vermeintlich oder tatsächlich gewaltbereiten Elementen innerhalb der salafistischen Community warnen, am Ende war eine Gewaltorgie im eigenen Umfeld das Resultat: Hooligans und Rechtsradikale haben sich am Sonntag in Köln massive Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Diese setzte Wasserwerfer, Schlagstöcke und Reizgas ein, als eine Demonstration gegen Salafisten in Krawalle ausartete. Beamte seien mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen worden, sagte ein Polizeisprecher.

Mindestens 44 Beamte von Landes- und Bundespolizei wurden verletzt, mehrere Polizeiautos beschädigt. 17 mutmaßliche Gewalttäter kamen in Gewahrsam. Demonstranten kippten ein Polizeifahrzeug um. Aufseiten der Demonstranten sei ein Mensch verletzt worden. Eine solche Eskalation der Gewalt habe es in Nordrhein-Westfalen lange nicht gegeben, sagte der Sprecher. Sechs Hooligans wurden festgenommen.

Die Polizei hat bislang 57 Strafanzeigen erstattet. Weitere könnten folgen, sagte am Montag der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Ulf Willuhn. Die Polizei richte eine Ermittlungsgruppe ein, um die zahlreichen Videoaufnahmen sowie Zeugenaussagen auszuwerten. Als Strafvorwürfe kommen gefährliche Körperverletzung, Verstoß gegen das Vermummungsverbot und Landfriedensbruch infrage.

Der Veranstalter hatte 1500 Personen zu einer friedlichen Demonstration angemeldet – es kamen mindestens 4000 als gewaltbereit geltende Hooligans, um gegen „Islamisten“ zu demonstrieren. Sie reisten nach Angaben der Bundespolizei teilweise von weither an.

Mit „Ausländer-raus“-Rufen gegen Rassismus

Zugleich kamen rund 500 Teilnehmer zu einer Gegendemonstration unter dem Motto „Schulter an Schulter gegen Rassismus und religiösen Fundamentalismus“. Die Polizei war unbestätigten Angaben zufolge mit rund 1000 Einsatzkräften vor Ort.

Indes wurde das Motto offenbar nicht von allen Teilnehmern vollständig verinnerlicht: Schon vor Beginn der Krawalle wurden am Hauptbahnhof „Ausländer-raus“-Rufe angestimmt. Als die Hooligans dann durch die Stadt zogen, kam es zu den heftigen Ausschreitungen. „Demonstranten haben massiv Polizisten attackiert“, sagte ein Polizeisprecher. „Wir haben Pfefferspray, Schlagstöcke und Wasserwerfer eingesetzt, um die Situation schnell in den Griff zu bekommen.“

Wenig später eskalierte die Lage auch am Hauptbahnhof. Demonstranten versuchten, das abgesperrte Bahnhofsgebäude zu stürmen. Hooligans seien erneut auf Beamte losgegangen und hätten mit Stühlen und Fahrrädern auf sie geworfen. Die Polizei setzte auch dort Wasserwerfer ein.

Über soziale Netzwerke organisiert

Als sich die Lage etwas beruhigte, eskortierte die Polizei die Demonstranten in kleinen Gruppen durch den Bahnhof zu ihren Zügen, damit sie aus Köln abreisen konnten. Auch dabei kam es immer wieder zu kleineren Rangeleien mit Einsatzkräften. „Das Gewaltpotenzial war insgesamt wahnsinnig groß, es herrschte eine sehr aggressive Stimmung der Polizei gegenüber“, sagte der Sprecher.

Die „Hooligans gegen Salafisten“ sind eine Bewegung, die sich im Internet gebildet hat und sich über soziale Netzwerke organisiert. Neben gewaltbereiten Fußballfans werden auch Rechtsextreme der Bewegung zugerechnet. Das Bundesinnenministerium beobachtet sie nach eigenen Angaben wegen der hohen Gewaltbereitschaft unter den Sympathisanten seit einiger Zeit verstärkt. Die Kundgebung in Köln war von einem Funktionär der Anti-Islam-Partei Pro NRW angemeldet worden, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Obwohl seitens der Veranstalter zuletzt versucht worden war, den Eindruck zu vermeiden, rechtsextreme Kreise wären die eigentlichen Drahtzieher der Aktion, waren auch Transparente extremistischer Gruppierungen wie des „Deutschen Kollegs“ oder der „German Defence League“ auf der Kundgebung zu sehen.

Mit Helene-Fischer-Hits gegen die Krawalle

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat nach der Eskalation einer Demonstration von Rechtsextremen und Hooligans in Köln Kritik am Einsatz der Polizei zurückgewiesen. „Das Polizeikonzept hat funktioniert“, sagte Jäger am Montag im ZDF-Morgenmagazin.

Der Veranstalter hatte ursprünglich 1500 Teilnehmer angemeldet. Weil es aber über 7000 Anmeldungen bei Facebook gab, habe die Polizei mit etwa 4000 Teilnehmern gerechnet, sagte Jäger. „Die Lageeinschätzung war ziemlich präzise.“ Die Polizei sei mit starken Kräften vor Ort gewesen und habe konsequent auf Versuche reagiert, die Polizeiketten zu durchbrechen.

„Die Demonstration ist vom Veranstalter abgebrochen worden. Aber die ehemaligen Teilnehmer haben sich geweigert, das Veranstaltungsgelände zu verlassen“, sagte Jäger. Die Polizei habe dann – auch unter Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern – alle zum Hauptbahnhof geleitet – zur Beruhigung der nicht selten alkoholisierten Gemüter wurden unter anderem Balladenfassungen von Helene-Fischer-Partyhits eingesetzt. „Das war eine schwierige Situation gestern in Köln“, sagte Jäger. (dpa/dtj)