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Gesellschaft

Es ist nicht immer von Vorteil, blaue Augen zu haben

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Blaue Augen gelten in vielen Ländern als Schönheitsideal und faszinierend. Doch es ist nicht immer von Vorteil, blauäugig zu sein. Diese Erfahrung machten jedenfalls einige Teilnehmer der ZDF Neo-Sendung „Der Rassist in uns“. (Foto: cihan)

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Ein Baby mit blauen Augen.
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Eine Gruppe von 39 Menschen nimmt an dem Workshop „Der Rassist in uns“ von ZDF-Neo teil. Sie wissen nicht, dass es sich dabei um ein hartes Anti-Rassismus-Training handelt. Dabei soll gezeigt werden, wie schnell Menschen zu Opfern werden können. Zu diesem Zweck werden blauäugige Menschen schlechter behandelt und verbal niedergemacht. Schon gleich zu Beginn ist der Ton netter, wenn mit Braunäugigen geredet wird. Sie bekommen sogar etwas zu essen und zu trinken angeboten.

Der Leiter Jürgen Schlicher nimmt kein Blatt vor den Mund: „Kannst du schon lesen?“, fragt er einen älteren Herr herablassend. „Hast du einen nervösen Tick, der dich irgendwie zwingt, mich so blöd anzugrinsen?“ Die blonde Blauäugige fühlt sich diskriminiert, befolgt aber die Anweisungen. Auch Björn ist blauäugig: „Es war sehr einschüchternd.“ Die Psychologin Prof. Dr. Juliane Degner beobachtet das Geschehen über Monitore und erklärt, weshalb sich die meisten noch während der Anmeldung so behandeln lassen: „Sie denken, da steht jemand, der ist ein bisschen freaky, gemein oder bösartig. Aber sie wissen noch nicht, dass sich das den ganzen Tag durchzieht.“

Jeder kann Opfer werden, aber auch Täter

Die Braunäugigen sitzen in einem anderen Raum und sind umgeben von Schildern mit Aufschriften wie „Kennst du einen Blauäugigen, kennst du alle“. Einige von ihnen sind selbst schon im Alltag rassistisch behandelt worden. In dem Workshop sollen sie unwissentlich in die andere Position gedrängt werden. Nun werden sie fühlen, was es bedeutet, bevorteilt zu werden. Der Zuschauer soll am Ende der 75-minütigen Sendung verstehen können, wie Vorurteile entstehen und dass jeder Opfer von Diskriminierung werden kann, jeder aber auch Täter.

Schlicher wurde von der US-amerikanischen Grundschullehrerin Jane Elliott trainiert. Diese hatte Ende der 60er-Jahre ein Experiment mit ihrer Schulklasse durchgeführt. Nach dem Tod von Martin Luther King wollte sie demonstrieren, wie es sich anfühlt, herabgesetzt zu werden. Dazu wählte sie das körperliche Merkmal der blauen Augen. Nach wenigen Minuten im Unterricht hatte sie schon etwas Erschütterndes erreicht: Die Machtverhältnisse waren klar verteilt. In den Niederlanden wurde ein ähnlicher Versuch schon unter dem Titel „Het Grote Racisme Experiment“ für das Fernsehen verfilmt.

Rassismus wird in drei Stunden geführt

In „Der Rassist in uns“ werden die Blauäugigen über eine Stunde ohne Aufklärung in einen Raum gesperrt, die Braunäugigen werden von dem Trainer Schlicher aufgehetzt. Mit großer schauspielerischen Leistung erklärt er, weswegen sie schlauer und besser seien. Anschließend werden die Blauäugigen in denselben Raum gelassen und getestet. Dabei werden sie stark verunsichert und erniedrigt. Die Teilnehmer erzählen später, dass sie sich nicht richtig auf den Test konzentrieren konnten. Dadurch schnitten sie schlecht ab und die diskriminierenden Aussagen Schlichters hatten sich für die Braunäugigen bestätigt.

Nach drei Stunden wird das Geheimnis gelüftet: Alle Teilnehmer dürfen zusammensitzen und diskutieren darüber, was der Workshop in ihnen ausgelöst hat. Die Sendung zeigt auf, wie leicht sich Menschen manipulieren lassen können.