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Politik

Atomkraft, Erdgas, Obst und Syrien: Das planen Russland und die Türkei

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Heilt Handel alle Wunden? Russland und die Türkei suchen die Annäherung über Wirtschaftsprojekte. Der monatelange Zwist nach dem Abschuss des russischen Kampfjets durch das türkische Militär scheint überwunden. Doch ein Streitthema bleibt.

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Die schwere Krise zwischen der Türkei und Russland ist offiziell vorbei, beide Staaten sind wieder auf Kuschelkurs. Nun hat der türkische Premierminister Binali Yıldırım (AKP) angekündigt, dass beide Länder ihre Beziehungen mit wirtschaftlicher Kooperation weiter festigen wollen. Prestigeprojekt ist dabei das Atomkraftwerk Akkuyu in der Provinz Mersin, das die türkische Regierung vom staatlichen russischen Unternehmen Atomstroiexport bauen lässt.

Der erste Block des Kraftwerks soll 2023 ans Netz gehen, sagte Yıldırım am Dienstag in Moskau bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. Das Kraftwerk ist alles andere als unumstritten, bereits die Grundsteinlegung war von Protesten begleitet. Insbesondere die Tatsache, dass das Kraftwerk in einem Erdbebengebiet liegt, bereitet vielen Sorge. Es ist konzipiert, Erdbeben bis zur Stärke 6,5 zu überstehen. Dass das nicht immer ausreicht, hat das Unglück von Fukushima 2011 gezeigt.

Countdown für Turkish Stream

Rückgrat der türkisch-russischen Beziehungen sind jedoch der Handel und der Tourismussektor. Er hoffe, dass Yıldırıms Besuch den Handelsbeziehungen beider Länder zu neuem Aufschwung verhelfe, gab sich Putin der russischen Agentur Interfax zufolge zuversichtlich. Dazu dürfte auch das zweite Prestigeprojekt der russisch-türkischen Zusammenarbeit beitragen: Schon in etwas mehr als zwei Jahren soll die Pipeline Turkish Stream russisches Erdgas durch das Schwarze Meer nach Südeuropa transportieren. Sie ist das Nachfolgeprojekt der umstrittenen South-Stream-Pipeline und soll den steigenden und enormen Energiebedarf der Türkei decken. Eine realistische Alternative zur Gasversorgung durch die Russen hat die Türkei auf absehbare Zeit ohnehin nicht. Zusätzlich ist angedacht, ein Drehkreuz für die Energieversorgung einiger EU-Länder in der Nordwesttürkei zu errichten. Der Präsident dankte der Türkei zudem für ihre Unterstützung des Prestigeprojekts Turkish Stream.

Die türkisch-russischen Beziehungen hatten sich mit dem Abschuss eines russischen Kampfjets nahe der türkisch-syrischen Grenze am 24. November 2015 schlagartig und drastisch verschlechtert. Moskau verhängte daraufhin Sanktionen gegen Ankara, von denen vor allem jene im Tourismus- und Agrarsektor für die Türkei schmerzhaft waren.

Agrarprodukte: „Lebensmittelsicherheit nicht gegeben“

Am 26. Juni dann hatte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in einem Brief an seinen Amtskollegen in Moskau entgegen monatelanger Weigerung offiziell für den Vorfall entschuldigt. Seitdem nähern sich beide Seiten wieder an. Einen kleinen Dämpfer gab es bei Yıldırıms aktuellem Besuch dennoch: Leider könnten nicht alle russischen Einschränkungen bei der Einfuhr von Agrarprodukten bis Jahresende aufgehoben werden, weil die Lebensmittelsicherheit nicht gegeben sei, teilte das Landwirtschaftsministerium in Moskau mit. Was genau damit gemeint war, blieb unklar.

Uneinig sind sich beide Seiten auch noch beim wichtigen Thema Syrien: Moskau unterstützt das Regime von Baschar al-Assad, die Türkei will den Rücktritt des Diktators. Trotz dieser Meinungsverschiedenheiten bekräftigten Yıldırım und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew ihren Willen zum Dialog über die Lage in dem Bürgerkriegsland. Erst kürzlich hatte Erdoğan mit Äußerungen irritiert, wonach die Absetzung Assads das primäre Ziel des türkischen Engagements in Syrien sei. Auch hier ruderte Yıldırım nun zurück. „Das einzige Ziel ist, alle terroristischen Elemente in der Region zu eliminieren, vor allem den Islamischen Staat“, sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Interfax-Interview.

Yıldırım mag nicht mehr zurückblicken

Das türkische Militär führt seit Ende August eine Offensive gegen bewaffnete Gruppierungen im Norden Syriens, insbesondere gegen die kurdische YPG. Vorrang hätten der Kampf gegen den Terrorismus und für eine bessere humanitäre Lage in Syrien, pflichtete Medwedew seinem türkischen Amtskollegen bei. „Die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan befinden sich im engen Kontakt und werden sich wohl im ersten Halbjahr 2017 treffen“, kündigte er an.

Yıldırım sagte, es habe im vergangenen Jahr „schwierige Zeiten“ in den bilateralen Beziehungen gegeben. „Aber diese Zeiten sind nun vorbei.“ Es sei notwendig, sich nun auf die Zukunft zu konzentrieren. „Wir haben das Ziel, die Beziehungen weiter auszubauen“, sagte der türkische Regierungschef nach dem Treffen mit Medwedew.