Kolumnen
Merkel gehört zu den größten Verlierern
Das, was kaum jemand für möglich gehalten hätte, ist eingetreten: Donald Trump ist der Wahlsieger der US-Präsidentschaftswahlen, alle Prognosen wurden über den Haufen geworfen, selten haben sich Meinungsforscher und Journalisten derartig in ihrem Befund geirrt. Auch der vorübergehende Beobachter des Geschehens gehörte zu denen, die sich über die wahre Stimmung in den USA täuschten. Die Menschen, jedenfalls die, die den Außenseiter und Milliardär gewählt haben, wünschten einen radikalen Wechsel. Sie haben von den Gesichtern des politischen Betriebes von Washington, die man seit Jahrzehnten kennt, genug.
Es war ein Sieg des Landes über die Stadt. Deutlich wurde auch, dass man eine weibliche Präsidentin nicht haben wollte, man traute Hillary Clinton nicht, weil sie als Außenministerin die Gefahr nicht erkannte, die dem diplomatischen Personal der US-Botschaft von Benghasi drohte, am Ende zum Tod des Botschafters und mehrerer Mitarbeiter führte. Das verzeiht das Selbstgefühl einer Supermacht nur schwer.
Obamas Engagement ohne Ergebnis
Auch der Einsatz des Amtsinhabers und seiner charismatischen Frau haben am Ende wenig gefruchtet. Obama hielt eine der mitreißendsten Reden der gesamten Kampagne, aber er konnte seine Parteifreundin nicht davor bewahren, dass Nord Carolina und Florida an die Republikaner fielen und die Verteidigung des ,blauen Walls’ im Nordosten des Landes am Ende in sich zusammenfiel, dass Ohio, das Symbolland schlechthin, mit deutlichem Ergebnis an Trump ging, der mit seinen Auftritten die Stimmung im Landes, die Brennpunkte, richtig eingeschätzt hatte.
Am Tage danach bemerkt man in der Öffentlichkeit nur wenig von der Schockstarre, in der sich die USA nun befinden. In Savannah, im tiefen Süden des Landes, gehen die Menschen ihrer Arbeit nach, der dunkelhäutige Kellner im Frühstücksraum des Hotels versucht, gute Stimmung zu verbreiten, aber vor allem die deutschen Touristen, die die historische Altstadt bevölkern, zeigen sich über den Wahlausgang geschockt und tauschen sich über das Ergebnis, das sich nach Mitternacht an der Ostküste abzeichnete, aus. Es wird die USA verändern, aber auch Europa. Gefühle der Überheblichkeit sind jedoch nicht angebracht.
Trump wird nicht oft den Rat von Merkel einholen
Zu den größten Verlierern gehört Angela Merkel, die in einer Präsidentin Clinton eine kongeniale Partnerin bekommen hätte, mit viel Verständnis für die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin, bereit, ihr zu helfen, indem man die Thematik von der europäischen auf die Weltebene gehoben hätte. Dazu wird es nun nicht kommen, die USA schotten sich ab, auch vor den Flüchtlingen dieser Welt. Auch in der Klimapolitik, die die Wahlkämpferin Clinton ganz nach vorn schob, ähnlich wie Angela Merkel argumentierte, wird Trump nun andere Akzente setzen. Auf Deutschland kommen außenpolitisch große Herausforderungen zu. Die Bundeskanzlerin wird nicht zu den Gesprächspartnern gehören, an die Trump nun mit Vorrang denkt.
Stattdessen fasziniert den Außenseiter, über den vor Jahresfrist gelacht wurde, der Kontakt mit dem russischen Präsidenten Putin. Dort stiegen die Aktienkurse nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses, im Westen dagegen sanken sie. Ein Menetekel für das, was nun auf die Welt zukommt?
In den USA beginnt nun die Phase der geräuschlosen Übertragung der Macht von Obama auf Trump, niemand weiß, ob es auf den Straßen ruhig bleiben wird, wenn sich der Tag der Installierung von Trump als 45. Präsident Amerikas Ende Januar 2017 nähert.
Der Einbruch des Irrationalen in die Politik
Die Botschaft, die von dieser Wahl an Europa und an Deutschland ausgeht, ist jedoch schon heute klar, es bedarf größter Anstrengungen, den Kontinent zusammenzuhalten, ihn für die Stürme der Weltpolitik, die längst ausgebrochen sind, fit zu machen. Denn das amerikanische Wahlergebnis wird in allen Teilen der Welt analysiert, auch in Ankara, vor allem jedoch in Moskau und in Peking. Für diktatorisch regierte Länder sind es ohnehin Festtage.
Wir erleben einen Einbruch des Irrationalen in die Politik, trotz aller Möglichkeiten der Information, trotz der ‚Informationsgesellschaft‘, in der wir uns angeblich befinden. Die Amerikaner haben sich mehrheitlich anders entschieden als wir gehofft haben, Millionen setzten auf das Prinzip Hoffnung und Verheißung, die, wie die Geschichte zeigt, zumeist enttäuscht wird. Diese Wahl wird Folgen haben.