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Politik

Armenien zieht Protokoll über Annäherung an die Türkei zurück

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Aus Enttäuschung über die „Leugnungspolitik“ der Türkei zieht Armenien die Protokolle zur Wiederannäherung beider Staaten aus dem Parlament zurück. Präsident Sarksyan wirft Ankara vor, nicht dem Geist dieses Dokuments zu entsprechen.

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Sarkisyan und Erdogan
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Armeniens Präsident Serj Sarksyan hat die Protokolle über die Normalisierung der Beziehungen und Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit der Türkei aus dem Parlament zurückgerufen.

In einer Erklärung forderte Sarksyan am Montag Parlamentssprecher Galust Sahakian dazu auf, die erforderlichen Veranlassungen zu treffen. Der Grund für diesen, so Sarksyan, liege darin, dass „die türkische Regierung keinen politischen Willen zeigt, den Geist sowie die Buchstaben des Protokolls durcheinanderbringt und seine Politik des Setzens von Vorbedingungen fortsetzt“. Auch die „Politik der Leugnung und des Umschreibens der Geschichte“ mit Blick auf den 100. Jahrestag der massenhaften Tötungen von Armeniern auf dem Gebiet des Osmanischen Reiches während des Ersten Weltkrieges erhalte neue Impulse, so Sarksyan.

Die Protokolle, die Sarksyan nun zurückzieht, wurden von Armenien und der Türkei am 10. Oktober 2009 unterzeichnet und verfolgten das Ziel, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu normalisieren sowie diplomatische Bande und die Öffnung der Grenzen zwischen beiden Ländern wiederherzustellen.

Nationalisten auf beiden Seiten haben seither jedoch jeden Fortschritt bei der Umsetzung behindert, wobei Ankara und Jerewan einander wechselseitig beschuldigten, den Wortlaut der Erklärung umzutexten und neue Bedingungen zu schaffen. Entsprechend hat bis heute keines der beiden Parlamente die Erklärung angenommen, obwohl diese vor allem armen Armeniern im Grenzgebiet große ökonomische Vorteile bringen würde und der Türkei sowohl als EU-Beitrittskandidat als auch als strategischem Akteur im Südkaukasus Punkte einbringen würde.

Armenien war 2009 „für Lösung wie für Scheitern gerüstet“

„Wir waren zu jenem Zeitpunkt, da wir das Protokoll unterzeichnet hatten, bereit für eine Friedenslösung auf allen Ebenen, aber auch für ein Scheitern“, äußerte Sarksyan einem Pressedienst zufolge. „Wir haben nichts zu verbergen und es sollte für die internationale Gemeinschaft klar erkennbar sein, wessen Schuld es ist, dass der letzte geschlossene Grenzübergang in Europa noch nicht wieder offen ist.“

Ankara weigert sich, die Ereignisse von 1915 – wie die armenische Seite es verlangt – als „Genozid“ einzustufen und weist darauf hin, dass sowohl Türken als auch Armenier getötet wurden, als Armenier gegen die Regierung des Osmanischen Reiches revoltiert und mit russischen Truppen, die damals in Ostanatolien einmarschiert waren, kollaboriert hatten. An jedem 24. April gedenken Armenier weltweit ihrer Opfer, in diesem Jahr bereitet sich Jerewan auf den 100. Jahrestag vor.

Pikierte Reaktion auf Einladung zu Çanakkale-Feier

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat im Zusammenhang mit diesem bevorstehenden Jahrestag Sarksyan zur 100-Jahr-Feier der Verteidigung Çanakkales eingeladen, um gemeinsam der Türken und Armenier zu gedenken, die damals zusammen innerhalb der Armee des Osmanischen Reiches gedient hatten. Die Veranstaltung dazu in der Türkei sollte ebenfalls am 24. April stattfinden. Sarksyan wies die Einladung entrüstet von sich und forderte die Türkei dazu auf, stattdessen den „Genozid“ im Jahr 1915 anzuerkennen und zu verurteilen.

„Die Türkei fährt mit ihrer traditionellen Politik der Leugnung fort“, äußerte Sarksyan damals in einem offenen Brief an Erdoğan. „Jahr für Jahr verfeinert die Türkei ihre Instrumente der historischen Spurenverwischung, diesmal, indem sie den Jahrestag der Schlacht von Gallipoli, die am 18. Mäez 1915 begann und bis Ende Januar 1916 dauerte, ausgerechnet am 24. April begeht. Darüber hinaus fand die Landschlacht angesichts der Landung der Alliierten erst am 25. April statt.“

Erdoğan hatte zuletzt erklärt, man werde eine Einschätzung einer Historikerkommission zu dem Thema akzeptieren. Armenien wiederum sich in dieser Hinsicht seit Jahren skeptisch und uneinsichtig.