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Kolumnen

Deutschland erleidet emotionalen Crash

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Das knappe Ja zu einer strengeren Einwanderungsbegrenzung in der Schweiz am Sonntag hat allerlei Vorwürfe und Verwünschungen gegenüber dem Nachbarland ausgelöst. Dabei klirrt es mächtig im Glashaus Deutschlands und der EU. (Foto: dpa)

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Am vergangenen Sonntag hat die Schweizer Volksabstimmung gegen die so genannte „Masseneinwanderung“ und somit auch gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU eine Mehrheit errungen. Deutschland und Brüssel stehen Kopf und die mediale Aufregung sowie die Untergangsszenarien haben alle emotionalen Grenzen längst überschritten.

Die Schweiz hat dicht gemacht!

Der Nachrichtensender n-tv berichtet: „Der Schweiz droht die Guillotine“, wobei die Angst vor Ausweisungen und ein Fachkräftemangel als Bedrohung aufgeführt werden. Die Schweiz könne es sich nicht leisten, sich gegen die Wirtschaftspläne und Wanderbewegungen der EU-Bündnispartner zu stellen, so in etwa ist der Tenor auf heute.de mit der Überschrift: „Die Schweizer brauchen uns, jetzt werden wir rausgedrängt“. Dabei steht noch nicht einmal fest, auf welche Art und Weise die Schweizer Regierung nun die Regulierung der Einwanderung plant. Der Focus bleibt seiner Linie treu, versucht nun, nach einem fremdenfeindlichen und rassistischen Motiv zu forschen und bittet wie folgt um Mithilfe – böse Zungen würden auch den Begriff „Denunziation“ gebrauchen: „Sie sind Deutscher und öfters in der Schweiz tätig oder leben sogar als Ausländer dort? Welche Erfahrungen haben Sie dort im Alltag mit Fremdenfeindlichkeit gemacht? Schreiben Sie uns Ihren Bericht.“

Die Grenze Lotstetten / Rafz

Sozialtourismus oder Wohlstandstourismus?

Ist es nun wirklich das Ziel der Schweiz, sich zu isolieren oder will man nur einen ersten Schritt in Richtung einer Arbeitsmarktpolitik schaffen, die nach Bedarf regulieren und die Zuwanderung unter Kontrolle bringen möchte? Kurios, denn gerade dies fordern doch auch unsere Politiker immer wieder und stritten kürzlich sogar noch um Regulierung der Zuwanderung aus den Mitgliedsstaaten selbst (Rumänien und Bulgarien) – trotz Personenverkehrsfreiheit im Binnenmarkt. Der sogenannte „Sozialtourismus“ sei unerwünscht. Verfolgt die Einwanderung des „Wohlstandstouristen“ eine andere Absicht als die des „Sozialtouristen“? Beide haben eine Gemeinsamkeit: Mehr Wohlstand und Sicherheit als im Herkunftsland, wozu sollte man sonst überhaupt auswandern?

Vorrangigkeit der EU-Bürger nun abgeschafft?

„Ausländerinnen und Ausländer können zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nur zugelassen werden, wenn nachgewiesen wird, dass keine dafür geeigneten inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Angehörige von Staaten, mit denen ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen wurde, gefunden werden können.“

Dieses Ranking der Nationen und Vorrangigkeitsprinzip ist in Deutschland Usus. Heute ist es zwar durch das EU-Freizügigkeitsabkommen etwas minimiert, dennoch bleibt es mit vielen Ausnahmeregelungen behaftet. Somit war/ist es nicht selten der Fall, dass ein Migrant mit einer Zusage für einen Arbeitsplatz zum Arbeitsamt ging und plötzlich die Stelle an Dritte vergeben wurde; dies nur aufgrund seiner nationalen Herkunft und der Vorrangigkeit- ohne Blick auf Qualifikation, Erfahrung oder Potenzial. Die Lockerungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Einwanderer aus Drittstaatenländern werden nur dann dem Prinzip der Gleichheit angepasst, wenn es keine Deutschen gibt, die diese Arbeit verrichten können: siehe den Bedarf an Pflegepersonal und die neuesten Abkommen mit China.

Schweiz ist schneller als die EU erlaubt

Diese Debatten der „regulierten Einwanderung“ und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sind nicht neu. Nur haben die Schweizer wohl erkannt, dass der Zuzug der Konkurrenz ihren eigenen Mitbürgern den Arbeitsplatz kosten und auch Dumpinglöhne hervorrufen kann. Um ein gewisses Gleichgewicht wieder herzustellen (der Einwandereranteil in der Schweiz beträgt etwa 23,5%), ist diese Regulierung aus gesellschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Sicht wohl gerechtfertigt. In Deutschland gab es ähnlichen reflexartigen Stopp des Anwerbeabkommens in den 70er-Jahren. Dennoch scheinen weder die EU noch Deutschland die Probleme der Mitgliedsstaaten ernst und für voll zu nehmen, vor allem in Bezug auf die Arbeitslosigkeit.

Ist das Freizügigkeitsabkommen mit der EU denn kündbar?

Das Abkommen zwischen der Eidgenossenschaft der Schweiz und der Europäischen Union beinhaltet selbstverständlich auch, dass man dieses Abkommen aufheben kann. Laut Artikel 25 „Inkrafttreten und Geltungsdauer“:(..) „Dieses Abkommen wird für eine anfängliche Dauer von sieben Jahren geschlossen. Es verlängert sich für unbestimmte Zeit, sofern die Gemeinschaft oder die Schweiz der anderen Vertragspartei vor Ablauf der anfänglichen Geltungsdauer nichts Gegenteiliges notifiziert. .. (3) Die Europäische Gemeinschaft oder die Schweiz kann dieses Abkommen durch Notifikation gegenüber der anderen Vertragspartei kündigen. (…)

Bleiben wir also lieber bei der Analyse der Ursachen, den wichtigsten Themen Europas, das sind und bleiben nämlich Finanz- und Bankenkrise und deren Auswirkungen auf dem europäischen Arbeitsmarkt: Flucht vor Armut durch Arbeitsmigration, Lohnsklaverei und -dumping, hohe Jugendarbeitslosigkeit und Diskriminierungen jeglicher Art sowie die fatalen existenziellen Probleme von Mini-Jobbern, Mini-Rentenbeziehern, Alleinerziehenden, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, Alten (50+) und Ur-Einwanderern…