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Politik

Umfrage: 56% der Türken machen Erdoğan für Eskalation verantwortlich

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Der Direktor des Gezici-Instituts hat in einem Interview die neuesten Umfrageergebnisse vorgestellt. Die wohl wichtigste Erkenntnis: Die HDP legt weiter zu, sodass Neuwahlen keine großen Änderungen herbeiführen würden.

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Murat Gezici, Gründer und Direktor des renommierten Meinungsforschungsinstituts Gezici, hat in einem Interview mit der türkischen Tageszeitung BirGün die aktuellsten Umfrageergebnisse in der Türkei erläutert.

Besonders interessant sind die Ergebnisse bezüglich der aktuellen Eskalation der Gewalt in der Türkei. Die Mehrheit der Türken scheint davon auszugehen, dass diese im Zusammenhang mit den angestrebten Neuwahlen im November steht und deshalb von der Regierung ausgelöst wurde. 56% der Befragten sehen Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan als den Verantwortlichen für die Eskalation und 18% Premierminister Ahmet Davutoğlu. Die Opposition aus CHP, MHP und vor allem HDP kommt zusammen auf circa 26%.

Das scheint sich auch in den Ergebnissen der Sonntagsfrage zu spiegeln. Die AKP hat weiter an Zustimmung verloren und kommt auf nur noch 39,2%, die CHP gewinnt leicht und kommt auf 26,4%, die MHP stagniert bei 16%, während die HDP weiter zulegt und 14% erreicht. Den aktuellen Ergebnissen zufolge scheint die Strategie der AKP also nicht aufzugehen, vor allem mit Blick auf den Anti-HDP-Kurs und den Versuch, die HDP mit dem PKK-Terror gleichzusetzen und sie so unter die hohe 10-Prozent-Hürde zu drücken.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass von den Befragten, die angaben, am 7. Juni die HDP gewählt zu haben, 98% sagten, dass sie der linken Partei bei Wahlen im November erneut ihre Stimme geben würden. „Die HDP kann sich weiterhin halten. Ich vermute, dass sie aus diesem Chaos heraus ihren Stimmenanteil wird steigern können“, so Institutsdirektor Gezici.

Gezici: Viele Meinungsforschungsinstitute arbeiten im Regierungsinteresse

Das Institut Gezici Araştırma, das sich als unabhängig bezeichnet, gilt als eines der seriösesten Meinungsforschungsinstitute der Türkei und als unbeeinflusst von einzelnen Parteien oder Gruppierungen. Auch bei den Parlamentswahlen vom 7. Juni lag es mit seinen Prognosen genauer als die Konkurrenz. So sagte es das Wahlergebnis der CHP auf drei Prozent genau voraus, während es bei den Ergebnissen von AKP, MHP und HDP eine Abweichung von lediglich einem Prozent gab.

Neben den Umfrageergebnissen äußerte sich Gezici auch zu den „Pool-Meinungsforschungsinstituten“. Den Begriff wählte er als Parallele zu den „Pool-Medien“ – so wird in der Türkei die regierungsnahe Presse genannt. Er wies auf deren Ungenauigkeit und die politisch gewollte Manipulation der Ergebnisse hin, durch die das Wählerverhalten beeinflusst werden solle. Sie seien Teil einer „Operation zur Wahrnehmungsmanipulation“ („Algı operasyonu“), die von den politischen Machthabern gewollt sei, um die Wahlbeteiligung zu senken. Denn in dem Maße, in dem oppositionelle Wähler entmutigt würden, steige der Stimmenanteil der AKP, so der Meinungsforscher.

Nachdem die Regierungsbildung nach dem ergebnislosen Treffen zwischen Premierminister Ahmet Davutoğlu und dem MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli gescheitert ist, gehen alle Beobachter von Neuwahlen aus. Diese werden voraussichtlich im November stattfinden. Davutoğlu kündigte ein Gespräch mit Erdoğan und die Rückgabe des Auftrags zur Regierungsbildung an.