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Kolumnen

Im amerikanischen Wahlkampfgetöse

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Die USA sind nicht mehr das Land, das man lange Zeit kannte, das man über die Jahrzehnte zu kennen glaubte, das einem selbst im hintersten Winkel von Arizona vertraut schien. Vordergründig stimmt das alte Bild noch heute, die Interstates, deutschen Autobahnen vergleichbar, brummen während den Hauptverkehrszeiten, durch die Shopping-Malls schieben sich die Menschenmassen, alles ist für europäische Verhältnisse groß, großartig in jedem Fall die Freundlichkeit der Menschen.

Man hat Platz in den USA, auch zu Hause, Kühlschrank, Sitzgruppe und Fernseher sind größer als bei uns, das bargeldlose Zahlen in Supermärkten und Geschäften perfekt gelöst. Unsichtbar bleibt hingegen die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, die den Traum von der Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär nur für wenige als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Donald Trump, der unfassbar grobschlächtig und gemein argumentierende republikanische Präsidentschaftskandidat scheint ihn zu verkörpern. Aber wenn man ihm unter Qualen zuhört vertritt er nur sich selbst mit seiner hemdsärmeligen Rücksichtslosigkeit, die vor Frau und Kindern nicht Halt macht. Trump ist gefährlich, hochgefährlich.

Einen Gutteil Schuld an dieser Entwicklung tragen die amerikanischen Medien, in denen von morgens bis abends hochdotierte sogenannte Starmoderatoren die Politiker ‚zum Tänzchen‘ bitten. Aber die Sache ist in Wirklichkeit bitterernst, das Fernsehstudio ähnelt einer Kampfzone. Nur wenige vermögen Strukturen in der Debatte zu legen oder Argumente vorzubringen, die länger als zehn Minuten Gültigkeit oder Nachhaltigkeit haben. Zu ihnen gehört der legendäre Ex-Reporter Carl Bernstein, der im Zuge der Watergate-Affäre Präsident Nixon zu Fall brachte. Es geht um E-Mails, existierende und verschwundene, und jeden Morgen wacht man mit der Hoffnung auf, dass dieser Alptraum endlich zu Ende sein möge.

Unter solchen Umständen hat es die kopfgesteuerte, aber glaubhaft und sympathisch agierende Hillary Clinton als demokratische Präsidentschaftskandidatin schwer. Sie ist seit 30 Jahren im politischen Geschäft, und vielleicht ist das ihr größtes Handicap. Man hat das Gesicht, dem Frische fehlt, zu lange gesehen. Aber ihr großes sozialpolitisches Anliegen nimmt man ihr ab, die amerikanische Durchschnittsfamilie finanziell zu entlasten, Bildungschancen zu erhöhen und Obamas Krankenversicherung zu retten.

Wie dramatisch die Lage in der Schlussphase des Wahlkampfes eingeschätzt wird, zeigt sich daran, dass der demnächst aus dem Amt scheidende Präsident zusammen mit seiner Frau für Clinton in den Ring steigt.

Wie wird das Rennen ausgehen? Trump, soviel ist sicher, wird ein schlechter Verlierer sein, eine Niederlage will er nicht akzeptieren. Er wettert gegen Washington und das dortige Establishment – das es gibt – und wittert überall Verschwörungen. Am meisten ist ihm jedoch vorzuwerfen, dass er der politischen Kultur Amerikas schweren Schaden zugefügt hat, Clintons „Verfehlungen“, der leichtsinnige E-Mail-Verkehr, wiegen hingegen weitaus weniger, erlauben aber auswärtigen Mitspielern, in diesen so wichtigen Wahlkampf einzugreifen. Darüber wird bald mehr zu hören sein.

Vor europäischer Überheblichkeit sei dennoch gewarnt. Gerade die beiden letzten Jahre haben gezeigt, dass es auch hierzulande Trumps gibt, oder das sie sich über Nacht zu solchen Figuren entwickeln können. Trump ist kein Idiot, er ist auch ein Produkt der Mediengesellschaft. Im amerikanischen Fernsehgeschäft geht es um zu viel Geld, einigen Moderatoren ist die Show wichtiger als der Inhalt, besonders ein Sender fällt durch unglaubliche Parteinahme zugunsten von Trump auf. Eine Soldatenmutter macht in einem Clip Clinton für den Tod ihres Sohnes in Benghasi verantwortlich. Wer derartig hemmungslos mit Emotionen arbeitet, wird mediale Hurrikane ernten. Trump ist zum Äußersten bereit, er muss im Sinne eines demokratischen Konsenses, der für die USA wie für Europa gilt, gestoppt werden. Zum Glück gibt es Stimmen, die zur Mäßigung und Besonnenheit aufrufen, selbst jetzt in einem zerrissenen Land.