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Politik

Türkischer Generalkonsul und 79 Bürger in der Hand von Isis – Terror erreicht Bagdad

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Nach der Erstürmung der türkischen Botschaft in Mossul und der Entführung von Lkw-Fahrern befinden sich derzeit 80 türkische Bürger in der Gewalt der extremistischen Isis im Irak. Ankara berät derzeit über mögliche Vorgehensweisen. (Foto: rtr)

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Die türkische Regierung berät über das Vorgehen im Irak.
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Angesichts des Vormarsches radikaler Extremisten berät das irakische Parlament am Donnerstag über die Verhängung des Notstandes. Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat diesen Schritt eingefordert. Damit bekäme der umstrittene schiitische Regierungschef mehr Befugnisse, um in den Konflikt mit den extremistischen Aufständischen des „Islamischen Staates im Irak und in Syrien“ (Isis) einzugreifen.

Zudem habe Bagdad Washington um Luftunterstützung bei der Bekämpfung der Extremisten gebeten, bestätigten US-Beamte dem Fernsehsender NBC News am Mittwoch (Ortszeit). Beim Sender CNN hieß es, die USA schätzten die Lage als äußerst akut ein und überlegten, welche zusätzliche Hilfe geleistet werden könnte.

Viele Sunniten fühlen sich benachteiligt durch die schiitisch dominierte Regierung. Schon nach dem Abzug der Amerikaner im Dezember 2011 hatte eine Welle der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten den Irak erschüttert.

Innerhalb weniger Stunden bewegten sich Isis-Kämpfer von Nordwesten her in Richtung Bagdad. Der Vormarsch löste international Entsetzen und Besorgnis aus. Laut Staatsfernsehen verbuchten die Regierungstruppen bei einer Gegenoffensive Erfolge.

Mitglieder der mit al-Qaida liierten Isis hatten am Dienstag neben der Stadt Mossul auch noch das Verwaltungszentrum der nordirakischen Provinz Ninowa sowie mehrere Orte in den benachbarten Provinzen Kirkuk und Salah ad-Din erobert. Im Verlauf des Mittwochs drangen die Isis-Truppen bis Samara vor, rund 130 Kilometer nördlich von Bagdad. Unterwegs wurden die Regionen Ninive, Anbar und Salah ad-Din erobert. Die irakische Armee konnte den Angreifern nichts entgegensetzen und zog sich zurück. Viele Soldaten wurden gefangen genommen.

Der irakische Premier Nur al-Maliki hat am Dienstag die Bevölkerung aufgerufen, Volksmilizen zu bilden, um die Terrorgefahr abzuwehren. Al-Maliki ersuchte auch die UNO, die Arabische Liga und die EU um Hilfe. Die Regierungskräfte haben am Mittwoch unter Einsatz der Luftwaffe eine Gegenoffensive in Richtung Mossul gestartet.

Widersprüchliche Angaben gab es am Mittwochabend zu Baidschi und Tikrit. Das Staatsfernsehen berichtete von der Rückeroberung der strategisch wichtigen Städte durch Regierungstruppen. In anderen Medien hatte es zuvor geheißen, die Orte seien von den Aufständischen besetzt worden.

Al-Maliki: Nachrichten über Isis-Vormarsch sind „Verschwörungen und Falschmeldungen“

In Mossul flohen rund 500 000 Menschen vor den Extremisten. Sie hätten ihre Wohnhäuser aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen verlassen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mit. Durch Kämpfe habe es unter der Zivilbevölkerung „eine hohe Zahl von Opfern“ gegeben.

Die Isis ist eine der radikalsten Gruppen im Nahen Osten. Als „Islamischer Staat im Irak und Syrien“ kämpft die Gruppe für einen sunnitischen Großstaat zwischen Mittelmeer und Euphrat.

Al-Maliki nannte Berichte über das Vordringen der Gruppe „Verschwörungen und Falschmeldungen“. Die Armee sorge für eine Stabilisierung der Region. Al-Maliki regte zudem die Bildung einer neuen Brigade aus Soldaten und Zivilisten an, die die Terroristen zurückschlagen soll, wie die Nachrichtenseite „Al-Sumaria News“ den Ministerpräsidenten zitierte. Auch die unabhängigen kurdischen Truppen im Norden des Landes, die Peshmerga, forderte Al-Maliki auf, bei der Gegenwehr zu helfen.

In der nordirakischen Provinz Kirkuk sollen die Terroristen unterdessen 15 irakische Militärs hingerichtet haben, wie der Satellitenfernsehsender Sky News Arabia am Mittwoch unter Berufung auf inoffizielle Informationen mitteilte.

In besonderer Weise wird jedoch auch die Türkei in die bewaffneten Auseinandersetzungen hineingezogen. In Mossul stürmten die Rebellen am gestrigen Mittwoch das türkische Konsulat und nahmen zahlreiche Geiseln. Der türkische Außenminister Ahmed Davutoğlu warnte die Extremisten davor, ihren Gefangenen etwas anzutun. 49 Menschen sollen die Extremisten in ihre Gewalt gebracht haben, unter ihnen den türkischem Generalkonsul und drei Kinder.

Türkei fordert Nato-Dringlichkeitssitzung

Niemand solle die Stärke der Türkei auf die Probe stellen, sagte Davutoğlu am Mittwochabend. Sollte den in der Hand der Terroristen befindlichen Geiseln Schaden zugefügt werden, kündigte Ankara härteste Vergeltung an, berichtet Al Jazeera. Gleichzeitig wolle man alle gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Geiseln frei zu bekommen. Neben den Personen, die im Zuge der Botschaftsbesetzung festgehalten wurden, befinden sich auch 31 verschleppte türkische Lkw-Fahrer in der Gewalt der Extremisten, insgesamt damit 80 türkische Bürger. Die Türkei hat Medienberichten zufolge auch die Einberufung einer Nato-Dringlichkeitssitzung gefordert. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die sofortige Freilassung der Geiseln. Eine solche Attacke könne unter keinen Umständen gerechtfertigt werden, sagte er.

Ein nicht genannter Polizeioffizier erklärte gegenüber AFP, die Terroristen hätten ihm gegenüber angegeben, die Entführten wären „in Sicherheit“. Man hätte sie an einen „sicheren Ort“ gebracht. Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan hat eine Sondersitzung mit Sicherheits- und Militäroffizieren einberufen, um über eine mögliche Antwort auf die Aggression gegen türkische Bürger und Einrichtungen zu beraten, berichten türkische Medien.

Extremisten bestreiten Kidnapping

Die türkischen Streitkräfte (TSK) haben die Isis ins Visier genommen, nachdem von deren Seite aus Terrordrohungen gegen das Nachbarland ausgesprochen worden waren. Die Türkei warnte die Gruppe vor Übergriffen auf den unter türkischer Jurisdiktion stehenden Süleyman-Shah-Schrein in der nordsyrischen Provinz Aleppo.

Der türkische Konsul in Mossul, Öztürk Yılmaz, hatte am 10. Juni einen Evakuierungsplan vorbereitet für den Fall eines Näherrückens der Terroristen. Nachdem diese jedoch bereits bis auf 200 Meter an die Einrichtung herangerückt waren, musste er aus Sicherheitsgründen auf dessen Umsetzung verzichten. Dem Konsulat war es jedoch möglich, so berichtete die Hürriyet, einen Computer mit verschlüsselten Daten unbrauchbar zu machen und vertrauliche diplomatische Dokumente zu zerstören.

Die Zeitung berichtete auch, die Entführten seien in einem guten Gesundheitszustand und die türkischen Verantwortlichen stünden mit ihnen im Kontakt. Die Isis betonte via Twitter, die Türken seien nicht gekidnappt, sondern an einen sicheren Ort gebracht worden, „bis die Untersuchungshandlungen abgeschlossen sind“. Als das Botschaftsgelände gestürmt wurde, konnte die Mannschaft noch einen Notruf absetzen. Das Gespräch wurde jedoch seitens der Extremisten vorzeitig beendet.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu sagte angesichts der Ereignisse seine geplante USA-Reise ab und suchte das Gespräch mit US-Offiziellen und solchen der Kurdischen Regionalregierung im Nordirak (KRG) zum Zwecke der Beratung über das weitere Vorgehen. (dpa/Al Jazeera/RIA Novosti/Hürriyet Daily News/dtj)