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Kolumnen

Warum fragen wir Merkel nicht nach Putin?

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Nicht nur was die Dauer der Regierungszeit anbelangt, erinnert Angela Merkel immer mehr an das System Kohl. Auch, was die Gutsherrenmentalität bezüglich der Informationspolitik anbelangt, eifert sie ihrem politischen Ziehvater nach. (Foto: reuters)

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Wer sich noch an die Regierungszeit Helmut Kohls erinnert, wird diese Eintönigkeit kennen, die wir auch heute wieder erleben. Es ist egal, ob Sie vier Wochen im Urlaub waren und kein Internet hatten: Sie kommen zurück, hören die innenpolitischen Nachrichten und haben das Gefühl, nie weg gewesen zu sein. Sie könnten auch ein Jahr wegbleiben, wenn es nicht gerade ein Wahljahr ist, es würde ihnen genauso gehen.

Das muss nicht schlecht sein. Im Gegenteil: Beständigkeit ist eine lobenswerte Eigenschaft, sofern es sich um eine Beständigkeit handelt, die einen schwer erkämpften und nach wie vor erstrebenswerten Zustand sichert. Leider war das bei Helmut Kohl nicht der Fall. Ohne dass es damals großartig aufgefallen wäre, verspielte er die gesetzliche Rente und die D-Mark, ruinierte den Arbeitsmarkt und schuf so die Voraussetzungen für die einschneidenden Hartz-Reformen.

Auch Angela Merkel ist keine gute Treuhänderin. Sie verpfändet große Teile zukünftigen Volkseinkommens an Rettungspakete für Krisenstaaten und höhlt so das soziale Fundament der Bundesrepublik noch weiter aus. Auch bei ihr wird vielen wohl erst hinterher bewusst werden, was sie so alles angerichtet hat.

Sowohl sie als auch ihr Ziehvater Kohl verstehen es, Menschen in Sicherheit zu wiegen, selbst wenn der Tod bereits vor der Tür steht. Und sie schweigen hartnäckig auf Fragen, die sie nicht beantworten wollen. Das Schlimme ist, dass sich die meisten Journalisten darauf einlassen, weil sie fürchten, überhaupt kein Interview mehr zu bekommen, wenn sie es wagten, unangenehme Fragen zu stellen.

„Spiegel“ wurde konsequent von Kohl boykottiert

Übrigens bekam der Spiegel in den gesamten 16 Jahren, in denen Kohl regierte, kein einiges Interview mit dem damaligen Bundeskanzler, der das damals noch linke Magazin zutiefst verachtete. Hat es dem Spiegel geschadet? Natürlich nicht! In den Augen der linken Leserschaft hat es das Magazin gar gewissermaßen geadelt. Und nachgefragt hat der Spiegel immer wieder – nach einem Kanzlerinterview und nach politischen Fakten.

Es wäre auch unsinnig zu glauben, dass der Spiegel durch Kohls Bann vom Informationsfluss abgeschnitten gewesen wäre. Es gab hinreichend Mitarbeiter im Kanzleramt, die das Magazin unterrichteten.

Heute ist das anders. Wenn Merkel heute Journalisten mit einem solchen Bann belegt, dann werden sie plötzlich auch von ihren Kollegen gemieden. Wer es sich mit der Kanzlerin verscherzt, der hat unter Journalisten keine Freunde mehr. Mein Kollege Ralf-Georg Reuth und ich haben das im vergangenen Jahr erlebt, als unser Buch „Das erste Leben der Angela M.“ herauskam. Nachdem wir unsere Recherchen abgeschlossen hatten, wollten wir Angela Merkel mit den Ergebnissen konfrontieren. Sie sollte Stellung nehmen. Also schickten wir einen langen Fragenkatalog ins Kanzleramt mit der Bitte, diesen zu beantworten. Angela Merkel lehnte ab. Die Kanzlerin habe keine Zeit für so etwas, ließ sie ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten. Und als das Buch dann auf den Markt kam, fielen die deutschen Medien über uns her. Nur weil wir die richtigen Fragen gestellt hatten.

Bundeskanzlerin Merkel mit dem russischen Präsidenten Putin.

Schröders Energiepolitik prolongiert

Die Demokratie ist darauf angewiesen, dass die Medien politische Prozesse transparent machen. Sie müssen aufzeigen, was Politiker selbst gern verschweigen. Im Qualitätsjournalismus geht es nicht darum, Politiker nach ihrer Meinung zu diesem oder zu jenem zu fragen, sondern ihre tatsächlichen Ziele und Motivationen aufzudecken und zu überprüfen, ob sie dem Vertrauen, dass die Wähler in sie setzen, gerecht werden.

Warum fragt eigentlich dieser Tage keiner unserer Kanzleramts-Journalisten, was Merkel so alles in ihren vielen Telefonaten mit Wladimir Putin bespricht? Angeblich telefonieren die beiden täglich miteinander. Das behauptete jedenfalls der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder kürzlich im Fernsehen. Warum fragt eigentlich keiner, warum wir einerseits so viel Wind um die Krim machen und andererseits neue, milliardenschwere Energieverträge mit den Russen eingehen, wie der Spiegel berichtet. Verurteilen wir Putins Vorgehen, oder tun wir nur so?

Selbst wenn die Kanzlerin auf diese Fragen nicht antworten sollte, wäre ihr Schweigen vielsagender als so manche Äußerung zur Energiewende. Oder könnte es sein, dass unsere Kanzleramts-Medien Merkels Beziehungen zu Putin lieber genauso unter den Tisch kehren, wie sie schon ihr erstes Leben in der DDR ignorierten? Das wäre wieder einmal eine bittere Erkenntnis.