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Politik

Wahlprogramm vorgestellt: MHP will bis 2053 an der Macht bleiben

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Als letzte der großen Oppositionsparteien hat die nationalistische MHP ihr Wahlprogramm für die Parlamentswahlen veröffentlicht. Es ähnelt in wirtschaftspolitischen Fragen auffällig dem der CHP, bleibt im Kern jedoch den Grundsätzen der Partei treu.

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Die rechts-konservative Partei der Nationalen Bewegung (Milliyetçi Hareket Partisi, MHP) hat am Sonntag als letzte der großen Parteien ihr Wahlprogramm für die Parlamentswahlen am 07. Juni vorgestellt. Es ähnelt dem der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP in vielen Punkten, vor allem mit Blick auf wirtschaftspolitische Wahlversprechen. In seiner Rede zur Vorstellung des Programms hat der Parteivorsitzende Devlet Bahçeli Präsident Erdoğan und seine Pläne zur Errichtung eines Präsidialsystems scharf angegriffen: „Er hat zig Verfassungsbrüche begangen, er hat sein Amt viele Male missbraucht und vernachlässigt. Erdoğan hat einen Pfad ohne Wiederkehr eingeschlagen. Am Ende dieses Pfades ist er entweder ein gewählter Tyrann, der einen Staat der Angst erschaffen hat […] oder er wird – wenn Recht und Gesetz in Kraft treten – vor dem Staatsgerichtshof enden und des Hochverrats angeklagt.“

Fast die gleichen wirtschaftspolitischen Versprechen wie die CHP

Der Schwerpunkt des Wahlprogramms liegt wie bei der CHP ebenfalls darauf, die Situation der Geringverdiener zu verbessern. So beteuert die MHP, die bis 2053 an der Macht bleiben will, den Mindestlohn anzuheben, falls sie gewählt wird. Sie bleibt dabei mit 1400 TL (ca. 460 Euro) zwar knapp unter dem Gebot der CHP, will dafür aber eine Beförderungskosten-Pauschale von zusätzlich 100 TL für Bewohner von Großstädten bereitstellen. Für die Landbevölkerung wiederum stellt sie andere Vergünstigungen in Aussicht, wobei sie vor allem Bauern und Landarbeiter umgarnt. So sollen Steuern auf Dünger und Diesel gestrichen werden, einen Liter des Treibstoffs sollen Landwirte dann für 1,75 TL (ca. 60 Cent) statt wie bisher für 4 TL (1,32 Euro) erwerben können. Ebenso tut es die MHP der CHP mit dem Versprechen gleich, Rentnern zwei zusätzliche Monatsrenten im Jahr auszahlen zu lassen. Die Kosten der Wahlversprechen werden auf knapp 72 Mrd. TL (ca. 23 Mrd. Euro) geschätzt. Laut Bahçeli sollen jedoch allein durch eine effizientere Bekämpfung der Schwarzarbeit und des Schmuggels bereits 13,4 und 6,2 Mrd. TL (ca. 4,4 und 2 Mrd. Euro) in die Kassen des Fiskus gespült werden.

Das Wahlprogramm ist auf mehrere Jahrzehnte ausgelegt. In drei Perioden wolle man die Türkei stärken, damit sie „ab 2053 von den Möglichkeiten, die das Weltall bietet“, Gebrauch macht.

Offener gegenüber Aleviten, weiterhin verschlossen gegenüber den Kurden

Die Diyanet, die Behörde für religiöse Angelegenheiten, soll laut Bahçeli reorganisiert werden und in Zukunft auch für Aleviten einen Platz bieten. Deren Versammlungshäuser, die Cemevleri, sollen als religiöse Stätten anerkannt werden und dementsprechende staatliche Mittel erhalten, was die AKP-Regierung bisher verweigert hat. Weniger reformfreudig zeigte sich Bahçeli bei einem anderen zentralen Thema seiner Rede, dem Friedensprozess mit der PKK. Er kritisierte die AKP-Regierung harsch dafür, dass sie Gespräche mit der terroristischen Organisation und ihrem Anführer Abdullah Öcalan aufgenommen hat. Die Gespräche würden zeigen, dass Erdoğan alles sei außer ein Patriot. Darüber hinaus kritisierte der MHP-Chef, dass im Wahlprogramm der AKP kein Bezug zu einer türkischen Identität genommen werde.

Die verstärkte Kritik am Friedensprozess wird von Beobachtern auch als Reaktion auf Erdoğans Versuche der letzten Wochen gesehen, streng nationalistisch eingestellte Wähler anzusprechen. Tatsächlich scheint es logisch, die Karte Friedensprozess zu spielen, schließlich legen Umfragen nahe, dass die AKP bereits eine größere Zahl an Wählern, die strikt gegen die Verhandlungen sind, an die MHP verloren hat.

Als Grund dafür, dass die MHP als letzte Partei ihr Wahlprogramm veröffentlicht hat, gab Bahçeli an, man wolle nicht in der Diskussion um die anderen Programme untergehen und vermeiden, dass der Partei wie in den letzten Wahlen Inhalte von der AKP geklaut würden. Denn, so Bahçeli, „Alles, was sie [die Mitglieder der AKP] können, ist stehlen.“