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Politik

Dortmunder Nazis sorgen für heftiges Nachspiel im NRW-Landtag

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Der Polizeibericht zu den Vorkommnissen bei der Dortmunder Wahlparty hat zu einer hitzigen Debatte in Düsseldorf geführt. Die Par-teien beschuldigen sich gegenseitig, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Innenminister Jäger geriet unter Beschuss. (Foto: dpa)

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Der NRW Innenminister Ralf Jäger (SPD) spricht am 03.07.2014 im Landtag in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen).
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Der Mandatserhalt von Siegfried Roland Borchardt im Dortmunder Rathaus sorgt weiterhin für eine raue Stimmung in Nordrhein-Westfalen. Bei den Kommunalwahlen am 25. Mai schaffte es der auch als SS-Siggi bekannte Borchardt für die rechtsextreme Partei „Die Rechte“ in den Stadtrat einzuziehen. Bei der Wahlparty am Abend kam es zu tumultartigen Szenen.

Unter den Gegendemonstranten befanden sich damals auch etliche Ratspolitiker, die zum Teil bei den Tumulten auch verletzt wurden. Auch die Landespolitikerin Daniela Schneckenberger gehörte zu diesen. Sie bekam von einem der Neonazis eine Faust ins Gesicht. Der anschließende Polizeibericht sorgte für viele Diskussionen. In diesem heißt es, dass es nicht nur die Neonazis waren, die zur Eskalation der Situation beitrugen. Auch die Politiker sollen ihren Anteil gehabt haben. Die Landtagsfraktionen der CDU und der Piraten in Nordrhein-Westfalen nahmen am gestrigen Donnerstag nun die Aktuelle Stunde zum Anlass, um das Thema wieder auf die Agenda des Landes zu setzen. Dies führte zu einer hitzigen Debatte im Plenum.

FDP-Politiker attackiert Gegendemonstranten

In dem Bericht heißt es unter anderem, dass bürgerlich/linke Gruppierungen versucht hätten, Lücken in Polizeiketten auszunutzen, um die Anhänger der rechten Gruppierung zu schlagen und attackieren. Weiter heißt es darin: „Dieses Verhalten trug im erheblichem Maße dazu bei, dass eine völlige Befriedung der Situation nur durch den Einsatz weiterer Kräfte zur Trennung der Parteien sichergestellt werden konnte. Die Maßnahmen der Polizei ließen die Angehörigen der rechten Gruppierung ohne größeren Widerstand über sich ergehen.“ Gewalt erwidere man nicht mit Gewalt. Dies sei peinlich, wenn Daniela Schneckenberger sich so verhalte, so der FDP-Politiker Robert Orth in der Landtagsdebatte. Wenn es nach Orth ginge, hätten die Demonstranten der Polizei die Arbeit machen lassen sollen. Dafür sei die Polizei schließlich da. Er fände es zwar auch unerträglich, dass Rechte ins Rathaus gewählt wurden, er würde aber keine Gewalt anwenden. Ferner fragte Robert Orth Richtung Schneckenberger, wie es dazu gekommen sei, dass ein Video im Internet kursiere, in denen sie mit „Fäusten rumspielt“.

Schneckenberger hingegen wirkte fassungslos gegenüber den Vorwürfen des FDP-Politikers und machte diesen auf dessen Parteikollegen in Dortmund aufmerksam. Diese hätten an dem Tag auch gegen die Neonazis vor dem Rathaus gestanden und würden von Orth nun im Stich gelassen. Sie habe außerdem Erfahrungen mit Neonazis im Rathaus. Diesmal gebe es aber eine neue Qualität und damit habe man keine Erfahrung. An jenem Tag hätten Politiker im Rathaus gefeiert bis sie hörten, dass eine Gruppe von Neonazis im Anmarsch sei. Deshalb seien diese aus dem Rathaus gegangen und hätten unter Stress gestanden. Ferner könne der Polizeibericht nur das darstellen, was genau in dem Moment passiert sei. Übergriffe der Neonazis hätten allerdings vor der Ankunft der Polizei stattgefunden und verteidigte die Aktion der Dortmunder: „Menschen in Dortmund haben das schwierige getan und sich bemüht, dagegen zustehen.“ Ferner müsse ein erweiterter Dialog mit der Polizei geführt werden. Innenminister Ralf Jäger (SPD) gab sie allerdings Rückendeckung. Dieser wurde aufgrund des Berichtes von der Opposition stark kritisiert.

„Verstehe die Wut und Empörung“

Jäger sagte in seiner Rede in Düsseldorf, er fände es erschreckend, „wenn Rechtsextremisten mit legalen Mitteln in einen Rat oder ein Parlament einziehen. Das ist für mich ein entsetzlicher, nur schwer zu ertragender Zustand“. Deshalb habe er großes Verständnis für diejenigen, die diesen Zustand nicht tatenlos hinnehmen wollten. Er wisse auch, dass die Präsenz der Rechtsextremen in Dortmund die Bürger empöre. Wut und Empörung, als Reaktion auf solche Provokationen, seien durchaus angemessen und sogar angebracht. Allerdings dürfe man dabei die Grenzen der demokratischen Gesetze nicht überschreiten, so Jäger.

Auf der anderen Seite müsse die Polizei aber auch nach Recht und Gesetz handeln, „auch wenn es um Parteien aus dem extremistischen Spektrum geht“. Des Weiteren müssten sie jeden Bürger schützen und vor Straftaten abhalten und nicht nach der Gesinnung der Menschen beurteilen. Kritik für den Bericht gab es übrigens auch von einigen Parteikollegen Jägers. Die Grünen und die SPD kritisierten den Bericht zwar, stellten sich aber hinter ihren Minister. „Der Minister hat das Gute gewollt“, sagte beispielsweise Daniela Schneckenberger. Die CDU wollte allerdings wissen, ob der Innenminister hinter dem Bericht stehe oder ob er die Verantwortung einem anonymen Polizeibeamten zuschiebe. Jäger selbst verstand die Kritik zwar, stellte sich aber hinter den umstrittenen Bericht.

Im Jahr 2013 wurden 3.085 rechtsmotivierte Straftaten allein in Nordrhein-Westfalen erfasst. Laut Angaben des Innenministeriums ist Dortmund eine der Hochburgen des gewalttätigen Rechtsextremismus. Dort wurden im vergangenen Jahr 228 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst.

Heute wollen SPD und Grüne mit einem Antrag die Erfassung politisch rechts motivierter Straftaten verbessern. Dazu soll beispielsweise eine verstärkte Kooperation der Polizei mit den vom Land geförderten Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt etabliert werden. Außerdem soll die Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz in den Themen Rechtsextremismus und Rassismus sowie interkulturelle Kompetenz weiterentwickelt werden.