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Politik

Regiert Perinçek in der Türkei mit?

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In einem TV-Auftritt hat die türkische Journalistin Nagehan Alçı jüngst behauptet, dass die Türkei de Facto von einer Dreier-Koalition regiert werde. Diese bestehe aus Recep Tayyip Erdoğan als Staatspräsident, Devlet Bahçeli und seiner MHP sowie Doğu Perinçek, dem Gründer und Vorsitzenden der Vatan Partei. Alçı ist seit Jahren bekannt aus diversen TV-Talkshows und tritt ganz offen für die Standpunkte der türkischen Regierungspartei AKP ein.

Alçı: Es gibt kein „Ein-Mann-Regime“

In einer Sendung des Senders Habertürk widersprach Alçı der verbreiteten Ansicht, wonach es in der Türkei ein Ein-Mann-Regime gebe. „Die Türkei wird von einer Koalition regiert, die Erdoğan anführt, und an deren einem Ende Devlet Bahçeli und am anderen Ende geheime und offene Kräfte einschließlich Perinçek sitzen“, so Alçı. Aufgrund dieser Tatsache sei es einfach nur unrecht, wenn man behaupte, die Türkei würde allein von Recep Tayyip Erdoğan regiert.

Eine geheime Koalition

Alçı sprach in der Sendung von einer geheimen Koalition, die die Kräfte der alten Türkei mit einigen neuen Kräften bündele. Dabei sei Erdoğan sogar mehr als ein Staatspräsident, vielmehr ein „Başkan“, was auf Deutsch einfach nur Präsident bedeutet. Alçı besteht auf diesem Begriff, um damit klarzustellen, dass Erdoğan mehr ist, als die Staatspräsidenten vor seiner Amtszeit. Ein weiteres Zeichen dafür, wie stark die Journalistin die Interessen des AKP-Vorsitzenden vertritt.

Perinçek lobt Erdoğan als islamischen Kemalisten

Doğu Perinçek überraschte vor zwei Jahren mit einer Lobesrede auf den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Der in die Jahre gekommene Politiker (75) bezeichnete den Präsidenten als einen islamischen Kemalisten. „Atatürk hat Erdoğan in die richtige Bahn gebracht. Mit seiner Haltung gegen die USA, seiner Positionierung gegen die imperialistischen Kräfte, ist Erdoğan weit mehr Kemalist, als so mancher, der sich selbst als Kemalist bezeichnet, aber mit Amerika zusammenarbeitet“.

Zusammenarbeit zwischen Perinçek und Erdoğan seit 2016 öffentlich

In einem Fernsehauftritt von 2016 in der Sendung des renommierten Talkshow-Moderators Fatih Altaylı deutete Perinçek erstmals öffentlich eine Koalition zwischen seinem militaristisch-linken Lager und der Erdoğan-AKP an.

„Nicht wir sind zu Erdoğan und seinen Leuten gegangen, sie sind zu uns gekommen.“ Erdoğan teile nun die Feindschaft zu Fethullah Gülen und seiner Bewegung, die einer der wichtigsten Antriebe für Dogu Perinçeks politischer Arbeit sei. „Wir haben ein Programm. Wir sagen, dass wir die Revolution Atatürks vervollständigen werden. Wir werden alle Religionsgemeinschaften und religiöse Orden vernichten. Atatürk sagte, die Türkei darf kein Land der Derwische und der Sheichs sein. Das ist ein Revolutionsprogramm. Tayyip Erdoğan hat unseren Standpunkt eingenommen und das macht uns äußerst glücklich, so viel kann ich sagen.“

Perinçek kommt frei und hält Brandrede

Blickt man noch weiter zurück, stößt man vor allem auf ein Ereignis, mit dem Perinçek in der Vergangenheit auf sich aufmerksam machen konnte. Es war eine dunkle und kalte Nacht im März 2014. Vor dem berüchtigten Silivri-Gefängnis in Istanbul versammelten sich damals dutzende Journalisten für eine spontane Pressekonferenz. Das Stichwort dazu: Ergenekon.

Die Mikrofone und Kameras fingen einen kleinen, älteren Mann mit einem aggressiven, aber siegessicheren Blick ein. Sein schwarzer Mantel erinnerte an sowjetische Offiziersuniformen, und war streng bis zum Hals zugeknöpft. Es war Doğu Perinçek, der sprach und gleich deutlich wurde: „Sie haben uns im Ergenekon-Prozess verhaftet, um die Türkei zu spalten. Heute gehen wir aus Ergenekon raus (und verlassen das Gefängnis, Anm. d. Red.). Ihre Absicht war es, die Republik zu zerschlagen. Aber wir gehen heute aus Ergenekon raus. Wir werden alle religiösen Gemeinden und Orden ausrotten. Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem wir Ergenekon verlassen. Wir sind wie ein scharfes Schwert, das aus der Scheide gezogen wurde. Wir sind bereit für die Aufträge.“

Wen er damals mit religiösen Gemeinden gemeint hat, dürfte heute kein Geheimnis mehr sein: Die Hizmet-Bewegung um Fethullah Gülen wurde in der Türkei nach der Korruptionsaffäre 2013 kriminalisiert und weitestgehend zerschlagen.

Mehr zu Doğu Perinçek lesen Sie hier: Der Unruhestifter.