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Politik

Wie der Iran versucht, die Türkei zu infiltrieren

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Großzügige Einladungen für radikale oder naive Intellektuelle, unverfänglich wirkende Kulturaustauschprogramme, Prostitution: Türkischen Geheimdienstkreisen zufolge verfolgt der Iran eine groß angelegte Unterwanderungsstrategie. (Foto: ap)

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Wie der Iran versucht, die Türkei zu infiltrieren
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Die Tageszeitung „Milliyet“ berichtete bereits darüber, dass iranische Militärs der PKK angeboten haben, ihr schwere Waffen und logistische Unterstützung bereitzustellen, sollte sie sich nicht aus der Türkei zurückziehen. Doch der iranische Geheimdienst ist auch darüberhinaus in der Türkei aktiv.

Die klandestine Präsenz des Irans in der Türkei wird größtenteils deshalb vor der Öffentlichkeit verborgen, weil der Iran sich in der Türkei gerne möglichst unauffällig verhalten und hinter angeblich wohltätigen Zwecken sowie kulturellen und pädagogischen Programmen verstecken will. Tatsächlich ist es aber so, dass diese tückischen Machenschaften eine größere Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei darstellen als zum Beispiel ein möglicherweise nuklear bewaffneter Iran. Die Gefahr, die davon ausgeht, ergibt sich aus der zerstörerischen Natur dieser Aktivitäten, die strategisch darauf ausgerichtet sind, die Struktur des sozialen Aufbaus in der Türkei zu erschüttern. Und das macht den Menschen im gesamten Land Angst.

Der türkische Geheimdienst deutet beispielsweise an, dass der Iran starke Bande zu einigen Aleviten-Communities in Sivas und daran angrenzenden Provinzen im Herzen des Landes geknüpft hat, wo ein iranischer Einfluss bereits zu Zeiten der Ottomanen zu finden war. Der Iran weiß, dass die zerbrechliche Balance unter einigen Gruppen, insbesondere zwischen den Sunniten und Aleviten, zu den wunden Punkten der Türkei gehört und will dies entsprechend als Trumpf gegen die Türkei ausspielen.

Die Unruhe rührt daher, dass Irans Handlanger sich seit einiger Zeit wie der Strom eines Vulkans verhalten, der langsam, aber stetig die Gegend um ihn herum unter einer heißen und zerstörerischen Masse verschüttet. Die Kennzeichnung von Alevitenhäusern in verschiedenen Städten und Gemeinden in den letzten paar Jahren, die in der betroffenen Bevölkerung Pogromängste aufkommen ließ, war ein Testlauf für den iranischen Geheimdienst für den Tag der Abrechnung mit der Türkei, obwohl zahlreiche Beamte diese Aktionen öffentlich als das Werk unreifer Kinder herunterspielten.

PKK-Kreise sollen zur Sabotage des Friedensprozesses gewonnen werden

Ist es ein Zufall, dass sich das gleiche Muster auch in den südlichen Provinzen entlang der syrischen Grenze abzeichnet? Geheimdienst-Analysten halten das für unwahrscheinlich. Der Iran hatte – entweder allein oder in Zusammenarbeit mit dem syrischen Geheimdienst, dem die iranischen Revolutionsgarden über Jahrzehnten bei der Entwicklung geholfen hatten – auch in diesen Provinzen versucht, Alevitengemeinden durch Provokationen einzuschüchtern. Es gibt Berichte, dass einige Alevitengemeinden sich aus Angst vor Übergriffen bereits bewaffnet hätten.

Es gibt immer noch gravierende Schwachstellen in der Minderheitenpolitik der Türkei, die immerhin seit Dezember des letzten Jahres Fortschritte in ihren Friedensverhandlungen mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) macht. Ich wurde von Personen, die mit den jüngsten Geheimdienstberichten vertraut sind, darüber informiert, dass iranische Agenten versucht hätten, alevitische Kommandanten innerhalb der PKK ausfindig zu machen, um diesen Prozess zu stören. Teheran wird zwar höchstwahrscheinlich warten, bis die Präsidentschaftswahlen in Teheran vorüber sind, um den Startknopf zu betätigen, konkrete Pläne für Störmanöver des Aussöhnungsprozesses in den Kurdengebieten würden allerdings bereits existieren, so die Analysten.

Der Iran umwarb unter anderem bereits die illegale kurdische Hisbollah, um einen gewissen Einfluss innerhalb der Organisation zu erreichen. Obwohl die Hisbollah keine Beziehungen mit der vom Iran unterstützten libanesischen Hisbollah hat, hegen die Führer der kurdischen Hisbollah eine unleugbare Sympathie gegenüber dem Iran, vor allem auf Grund ihrer Bewunderung für die Iranische Revolution, die man als stilistisches Vorbild für einen Umsturz in der Türkei betrachtet. Die Bewegung gab ihre militante Operationen nach dem verstärkten Vorgehen der Regierung im Jahr 2000 auf und restrukturierte sich mithilfe legaler Hilfsorganisationen, Medien und Unternehmen. Schließlich gründete sie die Freie Missionspartei (HÜDA-PAR) im Dezember letzten Jahres, um mit der Regierungspartei zu konkurrieren und der PKK-nahen Partei für Frieden und Demokratie (BDP) Konkurrenz zu machen. Es gibt Berichte, denen zufolge Teheran Geld in die Organisation pumpt, um sich die Führung der Partei zu Nutze zu machen.

Offensive Umwerbung antiamerikanischer und nationalistischer Gruppen

Gleichzeitig verfolgt der Iran eine nachhaltige Politik der Ausweitung seines Einflussbereichs innerhalb der türkischen Gesellschaft mittels Kultur-und Bildungsprogrammen, die Hass gegen die prowestliche Position der Türkei anstacheln sollen. Wie immer wird diese iranisch finanzierte PR-Arbeit für das Teheraner Regime auf der Basis jener antiwestlichen Plattform ausgetragen, die das Thema Palästina ausbeutet, um damit politisches Kleingeld zu wechseln.

In diesem Sinne sind nicht nur die islamischen Verlage und konservative Schriftsteller Ziele der Charmeoffensive des Iran, sondern auch neo-nationalistische und nationalistische Gruppen. Kulturelle Attachés am iranischen Konsulat in Istanbul und in der iranischen Botschaft in Ankara wurden von ihren Chefs in Teheran instruiert, Besuche von Türken, die diesen Gruppen angehören, in iranischen Städten unter dem Deckmantel von Buchmessen, wissenschaftlichen Konferenzen und Workshops großzügig zu finanzieren. Ziel ist es, sie der politischen, religiösen und kulturellen Propaganda des Irans auszusetzen (Politische Beobachter mutmaßen im Übrigen, dass der Iran auch mit Blick auf Deutschland ähnliche Akzente setzt und gezielt radikale, verschwörungstheoretische und antiamerikanische Bestrebungen beeinflusst). Vor kurzem beinhaltete dieser Aufwand auf die Finanzierung einiger Expertenkommissionen in der Türkei.

Die Rechtsgrundlage für diese kulturellen und pädagogischen Aktivitäten wurde von der iranischen Regierung selbst geschaffen, die erfolgreich Ankara davon überzeugen konnte, während der Regierungszeit der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) in den letzten zehn Jahren eine Reihe von zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit Teheran zu unterzeichnen. Die letzte umfassende Vereinbarung, die der Iran mit der Türkei eingegangen ist, datiert vom vergangenen Jahr, als der ehemalige Bildungsminister der Türkei, Ömer Dinçer, und der iranische Bildungsminister, Hamid Reza Haji Babai, am 19. Juni 2012 in der iranischen Hauptstadt Teheran eine Vereinbarung unterzeichneten, auf dem Gebiet der Bildung zu kooperieren. Nachdem der Deal vom Kabinett der Türkei am 12. Dezember genehmigt worden war, wurde das dazugehörige Gesetz im Amtsblatt am 23. Januar als Gesetz Nr. 4071 kundgemacht. Seit dieser Zeit hat der Iran die Anzahl der Schüler und Studenten, die er in die Türkei schickt, drastisch erhöht.

Mit dieser Rahmenvereinbarung hat der Iran seine staatlichen Institutionen mobilisiert, um mit deren Kollegen in der Türkei zu verhandeln und die optimale Nutzung der Chancen, die der Deal ermöglicht, zu gewährleisten. Die meisten davon sind Protokollvereinbarungen, die angeblich die Rahmenvereinbarung erfüllen. Als solche brauchen sie nicht die Zustimmung des Parlaments und entgehen so der öffentlichen Kontrolle. Am 27. Januar, nur vier Tage, nachdem die Vereinbarung im Amtsblatt veröffentlicht wurde, unterzeichneten Beamte der Van Yüzüncü Yıl Universität in der östlichen Provinz Van, die an den Iran grenzt, und der iranischen Universität von Tabriz ein Protokoll, um eine türkisch-iranische Universität zu etablieren. Am 8. Februar unterzeichnete das in Tabriz ansässige Taba-Elm-International Institute ein Protokoll mit der Giresun-Universität an der Schwarzmeerküste der Türkei für Austauschstudenten. Iranische Institutionen haben ähnliche Angebote mit weiteren Hochschulen in den östlichen Provinzen, nämlich Erzurum und Ağrı, unterzeichnet. Es gibt noch weitere, die von den Medien unbemerkt blieben.
Iranische Agenten ap.jpg
Bordellbesuche mit geistlichem Segen

Zu guter Letzt nutzte der iranische Geheimdienst auch so genannte „Pleasure Marriages“, auch al-nikah Mut’a genannt, die eine verbotene Praxis im Islam darstellen und in der Tat nichts anderes als Prostitution darstellen, als Köder, um Sympathisanten in der Türkei zu rekrutieren. Der Iran hat sich in dieser Praxis selbst übertroffen, wenn es darum geht, das Thema Sex zu nutzen, um Menschen mit großem Einfluss im Nahen Osten anzulocken und sie in pro-iranische Befürworter umzuwandeln. Die Mut’a Praxis, als „sigheh“ im Iran bekannt, sind sexuelle Begegnungen, die mit dem Segen eines Geistlichen sogar für eine Stunde oder eine Nacht erlaubt werden und ein übliches Verfahren für das iranische Regime darstellen, um sich die Willfährigkeit von Besuchern mit Status zu erkaufen. Einige gehen unter dem Vorwand der Teilnahme an einer Konferenz oder einer medizinischen Untersuchung in den Iran, sind aber tatsächlich Kunden dieser riesigen Sexindustrie. Dies ist einer der Wege, auf denen der Iran Einfluss im Irak erlangt hat, wo einige Geistliche und Stammesführer mittels einer solchen Praxis während ihrer häufigen Besuche in Iran bedacht worden waren.

Die gleiche Praxis wurde auch häufig in dem iranischen Proxy-Staat Syrien unter dem alawitischen Präsidenten Bashar al-Assad eingesetzt. Es war zum Beispiel nicht verwunderlich, zu hören, dass die Beraterin des syrischen Präsidenten, Buthaina Shaaban, im Dezember 2011 angeblich gedroht haben soll, Sex-Tapes mit Herrschern aus den Golfstaaten zu veröffentlichen. Sie wird von einem Besucher im Rahmen einer Delegation dahingehend zitiert, dass „Beamte aus Golfstaaten schon sehen werden, was für Trümpfe wir haben, wenn nach und nach ihre Sex Tapes auf Internetseiten veröffentlicht werden.“

Leider ist diese Form der Drohung in ähnlicher Art auch in der überwiegend sunnitischen Türkei nicht fremd und wird zum Teil gezielt ausgeübt. Durch Hunderte von Scheinfirmen und Stiftungen in der Türkei wird der Iran die Finanzierung von Gruppenreisen in iranische Städte anleiern, um Türken mit der gleichen Praxis in die Bredouille zu bringen oder offen mit der radikalen iranischen Ideologie einzuwickeln.

Die sunnitische Bevölkerung rebelliert – wann folgt endlich die Regierung?

Zur gleichen Zeit schickt der Iran seine Akademiker und Geistlichen mit Austauschprogrammen in die Türkei, um diese Praxis zu rechtfertigen, als ob sie nach den Regeln des Islam gerechtfertigt wäre. Es gab zum Beispiel Berichte darüber, dass iranische Wissenschaftler auf Universitäten in Siirt, Erzurum und anderen Orten offen über diese Praxis sprachen, was allerdings große Feindseligkeit bei den sunnitischen Einwohnern hervorrief.

Und nun die Pointe: Zwar gibt es eine wachsende Zahl von Beweisen, die darauf hinweisen, dass der Iran jede Gelegenheit nutzt, um die türkische Gesellschaft zu infiltrieren und mehr Einfluss für seine umstürzlerischen Ziele zu gewinnen, jedoch ist es schwierig zu verstehen und zu erklären, warum die herrschende AKP die iranischen Machenschaften auch noch durch umfassende Rahmenvereinbarungen erleichtert. Ist es, weil einige pro-iranische Regierungsbeamte, die mit persischen Interessen sympathisieren, einen Schutz für iranische Bewegungen in der Türkei unter dem Vorwand freundschaftlicher Deals darstellen?

Dies wäre jedenfalls ein sehr gefährliches Spiel, für das die türkische Gesellschaft unter Umständen einen hohen Preis wird zahlen müssen.

Autoreninfo: Abdullah Bozkurt gilt als Kenner der türkischen Außenpolitik, insbesondere im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Ausrichtung. Er schreibt für „Today’s Zaman“.