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Wirtschaft

Den freien Welthandel gegen die Protektionistenlobbys verteidigen

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Die WTO steht vor dem Umbruch. Seit Jahren kennzeichnen Enttäuschung und Stillstand deren Arbeit. Nun soll jedoch mit Azevêdo, dem neuen Generaldirektor, endlich frischer Wind in die Organisation kommen. (Foto: reuters)

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Den freien Welthandel gegen die Protektionistenlobbys verteidigen
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Die 1994 gegründete Welthandelsorganisation (WTO) gehört neben dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu den größten globalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen. Ziele der WTO sind vor allem der Abbau von Handelshemmnissen und die Liberalisierung des internationalen Handels.

Wie die Realität aber beweist, mangelt es der WTO an der praktischen Umsetzung ihrer Richtlinien. In der Theorie mag sie noch machtvoll erscheinen, aber faktisch ist sie es immer weniger. Gerade Entwicklungsländer blickten lange erwartungsvoll auf die Welthandelsorganisation, die in ihren Augen zum Symbol einer fairen und freien Neuordnung des Weltmarktes werden sollte. Als die Doha-Runde 2001 ins Leben gerufen wurde, keimte weltweit Hoffnung auf, doch die WTO konnte sich auch danach nie entscheidend durchsetzen.

WTO-Experte Simon Evenett von der Universität St. Gallen in der Schweiz erklärt die Situation: „Jeder weiß, dass die Doha-Runde tot ist, aber keiner will es laut aussprechen.” Die WTO wird in der Welt nicht mehr ernst genommen. Sie ist nicht mehr entscheidungsfähig, weil sie zu schwerfällig agiert, kompliziert organisiert ist und letztlich zu keinem Ergebnis kommt. Deswegen arbeiten Nationen lieber ohne die WTO. Der Haken: Viele bilaterale Übereinkünfte sind unfair und ausbeuterisch.

Azevêdo möchte die Reform

Reformbereit und mit neuem Elan wählte sich die WTO in diesem Jahr nun einen neuen Generaldirektor. Neun Kandidaten stellten sich der Herausforderung und mussten das harte Auswahlverfahren für den begehrten Führungsposten durchlaufen. Die Ernennung des Brasilianers Roberto Azevêdo zum Chef der Welthandelsorganisation (WTO) wurde von den Delegierten der 159 Mitgliedsländern am 14. Mai offiziell genehmigt. Damit wurde erstmals ein Lateinamerikaner Chef der Organisation.

In den nächsten vier Jahren möchte Azevêdo vieles besser machen als seine westlichen Vorgänger, die eher loyal zu den Interessen der Industriestaaten standen, als für die Förderung eines gerechten Welthandels einzutreten. Der bisherige WTO-Botschafter Brasiliens und neue Generaldirektor möchte keine Zeit mehr verlieren und sagte: „Ich arbeite für diese Organisation seit 15 Jahren. Sie war schon mal in besserer Verfassung. Aber ich engagiere mich, um mit jedem Mitglied zu arbeiten, in der festen Entschlossenheit, die herausragende Rolle der WTO wiederherzustellen.”

Azevêdo ist ein Gegner von US-Subventionen für Baumwolle, EU-Subventionen für Zucker und Sonderaufschlägen für brasilianischen Orangensaft. Er lehnt jeglichen Protektionismus ab und möchte im Interesse der Entwicklungsländer die Doha-Runde wiederbeleben. Der Brasilianer wird eine schwierige Amtszeit erleben.

„Wir sehen den Lähmungszustand in Genf mit großer Sorge”, hatte Azevêdo gesagt. Er weiß, dass unbedingt neue Ziele gesetzt werden müssen. Die WTO muss sich trauen, neue Wege zu gehen, um die Liberalisierung des Handels voranzutreiben.

Ein neuer Mann, der die Probleme der Entwicklungsländer kennt und die Industriestaaten versteht, kann der WTO neue Geltung verleihen. Anderseits geht es auch um die Wiedergewinnung der Glaubwürdigkeit gegenüber den Entwicklungsländern. Azevêdo ist ein unbeschriebenes Blatt, der von beiden Seiten respektiert wird. Das ist sein Kapital. Eine einfache Zeit wird es allerdings nicht für ihn.