Connect with us

Gesellschaft

Deutsch lernen, Arbeit finden, in Frieden leben

Spread the love

Die ankommenden Flüchtlinge werden von den meisten Menschen als anonyme Masse wahrgenommen, was die diffusen Ängste vieler noch bestärkt. Umso wichtiger ist es, sich persönlich mit den individuellen Schicksalen der Geflüchteten auseinanderzusetzen.

Published

on

Spread the love

Sie kommen zu Tausenden. Die einen empfangen sie mit offenen Armen, für andere stellen sie eine Bedrohung dar. Eine Bedrohung, die uns das Brot wegnimmt, die die Identität dieses Landes bedrängen könnte. Europa versucht sich abzuschotten. Doch wer sind sie?

Schaut man sich die Flüchtlinge aus der Nähe an, so machen Gefühle des Unbehagens Verständnis und sogar Empathie Platz. Ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte, das Bild des toten Aylan bewegte mehr als all die Pro-Flüchtlings-Statements es je geschafft hätten.

Schauen wir uns also einen von ihnen an.

Said – syrischer Flüchtlingsjunge in Berlin

Wir haben Said in Berlin getroffen. Said ist 17 Jahre jung. Er ist nach einer langen und entbehrungsreichen Reise in Berlin angekommen. Er ist einer von denen, die sich als Flüchtling registrieren lassen wollen.

In Syrien war er Gymnasiast. Doch der Krieg machte all seinen Zukunftsplänen einen Strich durch die Rechnung. Er musste seine Heimatstadt Idlib verlassen und seine Familie dort zurücklassen. Er flüchtete in die türkische Stadt Gaziantep. Seine Versuche, die Familie in die Türkei zu holen, blieben aber erfolglos.

Warum kam Said nach Deutschland? Warum blieb er nicht wie die anderen 2,2 Millionen in der Türkei?

Türkische Bevölkerung war sehr hilfsbereit

Said erinnert sich an seine Zeit in der Türkei mit gemischten Gefühlen. Zum einen war er in der Türkei zufrieden mit der Haltung der Bevölkerung. Er erfuhr die türkische Bevölkerung als sehr hilfsbereit und humanitär. Diese Haltung sehe er sogar in Berlin. „Am meisten bekommen Essenshilfen von der türkischstämmigen Bevölkerung in Berlin. Sie bringen Döner mit, sie bringen was zu trinken mit“, meint Said.

Doch seine positive Sicht auf die Bevölkerung wird durch die Erfahrung so mancher Arbeitgeber getrübt. „Es gibt viele, die die schwierige Situation der Syrer ausnutzen. Sie ließen uns schuften, bezahlten uns aber entweder gar nicht, oder hielten ein Teil unseres Lohnes zurück.“ Said ergänzt: „Für diejenigen Syrer, die Geld haben, ist die Türkei ein gutes Land. Aber für die anderen, die nichts haben, nicht.“

Also hat sich Said Geld für die Weiterreise gespart, um nach Europa zu gelangen. Er kam in Bodrum an, zahlte dort Menschenschmugglern 1200 Dollar für die Überfahrt auf eine nahegelegene griechische Insel.  Nachdem Said zusammen mit 70 anderen Personen auf ein Schlauchboot verfrachtet wurde, nahmen sie die lebensgefährliche Überfahrt auf sich und kamen doch an.

Saids Traum hier in Deutschland

Nach Monaten der Reise erreichte er Berlin. Lässt er sich durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) als Flüchtling registrieren, so erhält er einen Check für 50 Euro. Damit könnte er sich Nahrung und Übernachtung organisieren. Doch auch damit finden nicht alle Flüchtlinge ein Dach über den Kopf. Viele, die noch nicht registriert sind, müssen unter freiem Himmel schlafen. Said hatte Glück, er fand eine Bleibe bei einem Freund, der ein Zimmer gemietet hat.

Sein Ziel in Deutschland?

„Ich möchte hier Deutsch lernen, Arbeit finden und einfach in Frieden leben. Wenn ich auch noch meine Familie nachholen könnte, wäre mein Traum erfüllt.“

Hört man sich die Geschichte an, so ist man dankbar für ein Leben, in dem man Krieg nur aus den DVDs der nahegelegenen Videothek und aus den Spielfilmen aus dem Fernsehen kennt. Ist Saids Wunsch zu viel verlangt, einfach nur in Frieden leben zu wollen?

(Von İsmail Çevik, Mitarbeit İsmail Kul)