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Politik

„Können wir von Zivilisation sprechen, wenn es keine Straßen gäbe?”

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Für den türkischen Premierminister Erdoğan gehört der Straßenbau zur elementaren öffentlichen Daseinsvorsorge. Sehr zum Ärger von Ökoaktivisten. (Foto: iha)

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Erdogan spricht am 12.09.2013 auf einer Veranstaltung von TÜMSIAD.
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Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan hat im Rahmen der Eröffnung des Bilkent Şehir Hospitals scharfe Kritik an Umweltaktivisten geäußert, die gegen die geplante Trasse einer Fernstraße protestieren, die durch einen bewaldeten Teil des Geländes der Technischen Universität des Mittleren Ostens (ODTÜ) in Ankara verläuft.

Wörtlich äußerte der Regierungschef im Rahmen der Einweihungszeremonie: Auf meinem Weg hierher, zur Einweihung dieses 3500-Betten-Krankenhauses, sah ich ein Schild, auf dem stand: ‚Wir wollen keine Straßen, sondern Wald‘. Es gibt viele Wälder für diejenigen, die einen Wald besuchen wollen und das ist gut so. Aber könnten wir von Zivilisation sprechen, wenn es keine Straßen gäbe? Ohne Straßen würden diese Leute [die studentischen Aktivisten] nicht mal zu ihrer Universität kommen. Aber wenn Ihr wollt, können wir Euch gerne in den Wald schicken. Geht und lebt dann im Wald! Wir jedenfalls brauchen Straßen, um Menschen zu verbinden“.

Das Projekt wurde von der Stadtverwaltung in Ankara in Auftrag gegeben, um den Anadolu Boulevard und die Fernstraße nach Konya miteinander zu verbinden und so die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten. Vor vier Monaten wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Seit kurzem protestieren Anwohner und Studenten an der ODTÜ. Anwohner befürchten ein bautechnisches Auseinanderreißen von Siedlungen durch das Projekt.

Plan wurde mit Universitätsdirektion abgestimmt

Die Demonstranten bemängeln, dass hunderte Bäume auf dem Campusgelände gefällt werden müssten, obwohl Oberbürgermeister Melih Gökçek lediglich davon gesprochen habe, dass die Straße parallel zum Campusgelände verlaufen würde. Gökçek argumentiert, die neue Straße würde den Verkehr auf der Eskişehir-Straße entlasten. Die Universitätsverwaltung hatte dem Projekt zugestimmt, obwohl der ODTÜ-Wald als „SIT“-Bereich gilt, der gemäß einer Verordnung des Kulturministeriums aus dem Jahre 1995 vor Bebauung geschützt bleiben soll.

Umwelt- und Urbanisierungsminister Erdoğan Bayraktar kündigte am Mittwoch an, sein Ministerium werde dem Bauprojekt in den kommenden Tagen zustimmen, und außerdem noch dem Ansinnen des Universitätsrektorats nachkommen, einen Tunnel zu bauen, um die bewaldeten Anlagen auf dem Campus nicht zu beeinträchtigen. Die Gesundheit der Bäume sei nicht in Gefahr. Entfernte Bäume würden anderswo wieder eingesetzt werden.

Bayraktar fügte hinzu, dass die Stadtverwaltung Ankara auf diese Weise ein großes Entgegenkommen geübt habe, da die Kosten des Gesamtprojekts durch diese Adaptierung mittlerweile auf etwa 100 Millionen TL gestiegen wären.