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Politik

Außenpolitikexperte: „Warum sollte Erdoğan den IS unterstützen?“

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Erdoğans Politik der ruhigen Hand gegenüber der Terrormiliz IS sorgt für Verwunderung. Josef Janning vom European Council on Foreign Relations kann diese nicht nachvollziehen. Die Türkei sei für den IS auch Feindesgebiet. (Foto: cihan)

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Die bisher passive Rolle der Türkei im Kampf gegen den IS beschäftigt auch die deutschen Medien. In der „Zeit“ vom Dienstag wirft Çiğdem Akyol dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vor, im Zusammenhang mit der Bedrohung durch die Terrormiliz teilnahmslos zu agieren. Trotz der Flucht von derzeit 130 000 Kurden – Tendenz: steigend – aus dem Kriegsgebiet in die Türkei, der zu erwartenden Ankunft weiterer Hunderttausender von Menschen und dem weiteren Vorrücken der Extremisten in Richtung der türkischen Grenze übe sich Erdoğan in der Politik der ruhigen Hand.

Das Abtauchen in dieser Frage und die Zurückhaltung der Türkei im Anti-Terror-Einsatz, der derzeit unter Führung der USA und Beteiligung mehrerer Verbündeter aus der Region auch auf syrischem Territorium geführt wird, findet ebenso die Kritik der Zeitung wie die Geheimniskrämerei rund um die Befreiung der 49 im Juni entführten Botschaftsgeiseln, die am Samstag nach 101 Tagen in die Türkei zurückkehren konnten. „Es gibt Dinge, über die wir nicht reden können“, heißt es immer noch kryptisch seitens des Präsidenten, der den „diplomatischen Sieg“ lobt.

Jedoch betont auch Akyol in ihrem Artikel, dass es keine Beweise dafür gibt, dass die Türkei aktiv die Djihadisten unterstützt. Weder der Opposition noch seinen Kritikern und Journalisten ist es bisher gelungen, Erdoğan eine Hilfe für Terroristen nachzuweisen. CHP-Chef Kemal Kılıçdaroğlu hatte zuletzt die Behauptung aufgestellt, dass die Waffen der IS aus der Hand Erdoğans stammten.

Türkische Syrienpolitik so viel anders als die des Westens?

Akyol zitiert Josef Janning vom European Council on Foreign Relations, der darauf hinweist, dass kein strategischer Sinn hinter einer gezielten Unterstützung extremistischer Gruppen zu erkennen wäre.

Zum einen hätten die Djihadisten und der Präsident eine unterschiedliche Auslegung des Islams, für den IS sei die Türkei zudem ein westlich-liberales Land und damit ein Feind. Und: „Es kann nicht im türkischen Interesse sein, einen Gottesstaat als Nachbarn zu wollen“, so Janning. Erdoğan sei zwar einer der stärksten Kritiker des syrischen Präsidenten, die AKP unterstütze deswegen die syrische Opposition, „aber nicht bewusst den IS“, sagt der Außenpolitikexperte Janning.

Wo der wesentliche Unterschied zwischen dieser und ihren terroristischen Rändern liegt, ist jedoch ebenfalls eine offene Frage. Die „Opposition“ in Syrien zu unterstützen, aber damit nicht bewusst den IS stärken zu wollen, das ist auch die Politik der USA und der EU. Vielleicht ist die Sorglosigkeit im Umgang mit djihadistischen Terroristen in Syrien ja auch ein Problem des Westens insgesamt.

Erdoğan jedenfalls ließ am Dienstagabend jedenfalls erkennen, dass eine Kehrtwende in der türkischen IS-Politik anstehen könnte.

Vor seiner Rede bei der UN-Generalversammlung am Mittwoch in New York sagte Erdoğan vor Reportern, nach seiner Rückkehr nach Ankara werde er mit der Regierung beraten, wie die Türkei das internationale Vorgehen gegen IS unterstützen könne.

Auf die Frage eines Journalisten, ob die Unterstützung auch militärischer Art sein könnte, sagte der Staatspräsident: „Es beinhaltet alle Arten, militärisch, politisch, alles.“