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Politik

Israel und Griechenland schmieden strategisches Bündnis – gegen die Türkei?

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Die Mittelmeerländer Griechenland und Israel haben viele gemeinsame Interessen. Im wirtschaftlichen und militärischen Bereich arbeiten sie immer enger zusammen. In der Türkei dürfte dies auf wenig Freude stoßen.

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Alexis Tsipras, Nikos Anastasiades und Benjamin Netanjahu
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Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Der Bruch in Israels Beziehungen mit der Regionalmacht Türkei spielt Ankaras früherem Rivalen in die Hände – Griechenland.

Israel und Griechenland sind zuletzt strategisch deutlich enger zusammen gerückt. Schon zum zweiten Mal binnen zwei Monaten besucht der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras am Mittwoch Israel. Neben einem Treffen mit seinem Amtskollegen Benjamin Netanjahu stehen gemeinsame Regierungskonsultationen auf dem Programm.

Als Linker gehört Tsipras für Netanjahu eigentlich zum entgegengesetzten Ende des politischen Spektrums. Damit bilden die beiden auf den ersten Blick ein etwas merkwürdiges Gespann. Handfeste regionale Interessen befördern jedoch ihre Annäherung.

Oded Eran, Leiter des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv, sieht eine neue strategische Achse Israels mit Ägypten im Süden sowie Griechenland im Nordwesten. „Angesichts der wachsenden Bedeutung des Mittelmeers im Hinblick auf Sicherheit und Wirtschaft ist auch die nächste Insel – Zypern – wichtiger geworden“, schreibt der ehemalige israelische Diplomat in einer aktuellen Analyse.

Gasvorkommen unter dem Meeresboden zwischen Zypern und Israel sind ein wichtiger Bestandteil der Kooperation. Das Thema soll auch einen Dreiergipfel mit Tsipras, Netanjahu und dem zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades am Donnerstag auf Zypern beschäftigen.

Korridor Israel-Zypern-Griechenland als letzte geopolitische Hoffnung?

Die Beziehungen zwischen Griechenland und Israel werden in Athen aus Kreisen des Außenministeriums als ein „strategisch wichtiger Bestandteil der griechischen Außenpolitik im sensiblen Raum des östlichen Mittelmeeres“ bezeichnet. Der Korridor Israel-Zypern-Griechenland sei für den jüdischen Staat die letzte glaubwürdige demokratische Verbindung nach Europa, so meint man in Athen. Die meisten arabischen Nachbarstaaten seien heute destabilisiert oder Israel gegenüber feindlich eingestellt.

Das wirtschaftlich gebeutelte Griechenland hofft seinerseits auf eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich Energie und Tourismus. Nicht weniger wichtig ist der geopolitische und militärische Aspekt. Griechenland und Zypern sind auf der Suche nach einer Stütze im endlosen geopolitischen Krach mit der Türkei wegen Hoheitsrechten in der Ägäis und der seit mehr als 40 Jahren andauernden Teilung Zyperns.

Die wichtigste Auswirkung dieser„Achse“: In den vergangenen Jahren fanden immer wieder gemeinsame Manöver statt. Im April 2015 sollen israelische Kampfbomber auf Kreta einen Angriff auf Stellungen „eines Feindes“ simuliert haben, der russische S-300-Raketen hat. Russland will solche Raketen an Israels Erzfeind Iran liefern, der damit nach Ansicht von Experten einen möglichen israelischen Angriff auf seine Atomanlagen verhindern könnte. Auch mit einer Aufstellung in Syrien wird gerechnet.

Im Juli vergangenen Jahres wimmelte es zwei Tage lang vor israelischen Hubschraubern in der Region der mittelgriechischen Stadt Larissa. Die griechische Presse berichtete damals, es seien Landungsaktionen von Kommandos und Rettungsaktionen von Piloten simuliert worden, deren Flugzeuge abgeschossen wurden. Ähnliche Aktionen unter Beteiligung Dutzender Kampfbomber fanden im Sommer auf Kreta und der Halbinsel Peloponnes sowie auch rund um Zypern statt.

Türkisch-israelische Aussöhnung läuft schleppend an

In Athen wird immer wieder betont, die Kooperation wende sich nicht gegen andere Staaten der Region. Die griechische Regierung versucht damit, die traditionell guten Beziehungen zu arabischen Staaten nicht zu gefährden. Gleichzeitig ist den Griechen bewusst, dass sich früher oder später die Beziehungen TürkeiIsrael wieder verbessern könnten.

Ende vergangenen Jahres gab es Berichte, die Regierungen in Ankara und Jerusalem hätten sich nach mehr als fünf Jahren Eiszeit grundsätzlich auf eine Normalisierung geeinigt. Es war die Rede von einer Rückkehr der Botschafter und einer Entschädigung für den Tod von zehn Türken bei der Erstürmung des Gaza-Solidaritätsschiffs „Mavi Marmara“ im Mai 2010 durch Israels Marine. Doch noch gibt es offene Streitpunkte.

„Für Israel verringern Griechenland und Zypern den Schaden, den es durch die andauernde Verschlechterung seines Verhältnisses mit Ankara erlitten hat“, schreibt Eran.„Trotzdem ist es wichtig, dass Israel die Bemühungen um eine Versöhnung mit der Türkei nicht aufgibt.“

Womöglich unter dem Eindruck der sich verschiebenden Allianzen schlug der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der sonst immer wieder gegen Israel wetterte, plötzlich versöhnliche Töne an. „Israel braucht in der Region ein Land wie die Türkei“, sagte er zu Monatsbeginn. „Und auch wir müssen uns eingestehen, dass wir Israel brauchen. “ (dpa/dtj)