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Politik

Schlammschlacht in der NPD

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Nach Gerüchten rund um sexuelle Übergriffe gegen einen Ordner und angedrohten Ordnungsmaßnahmen hat der ehemalige Parteivorsitzende die NPD verlassen. Apfel ist Opfer einer Schlammschlacht innerhalb der sich im Niedergang befinden Partei. (Foto: dpa)

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Der damalige Bundesvorsitzende der NPD, Holger Apfel, sitzt am 05.12.2012 in Pampow (Mecklenburg-Vorpommern) bei einer Pressekonferenz der rechtsextremen Partei - dpa
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Am Ende ist der innerparteiliche Druck zu groß geworden: Holger Apfel hat seinen Austritt aus der NPD bekannt gegeben. Nicht einmal zwei Wochen nach seinem Rücktritt als Parteivorsitzender und Fraktionschef in Sachsen ist dieser Schritt das Ergebnis einer Schlammschlacht, die hinter den Kulissen der NPD tobt. Sein Landtagsmandat will er vorerst behalten.

Ziel von Hass und Spott

In einer persönlichen Erklärung spricht Apfel von einer persönlichen Hasskampagne gegen ihn. Die Häme gegen ihn seien unerträglich geworden, so dass er noch an Heiligabend seinen Parteiaustritt erklärte. Ein NPD-Anhänger habe ihm via Facebook sogar Selbstmord nahegelegt.

„Der einzige Rat, den ich dem geschiedenen NPD-Parteivorsitzenden Holger Apfel auf den Tisch legen würden, besteht aus einer Pistole und exakt einer Patrone“, zitiert Spiegel Online den Eintrag eines hochrangigen Parteigenossen auf Apfels Facebook-Seite.

In der neonationalsozialistischen Partei kursierten in den vergangenen Tagen Vorwürfe, Apfel habe im Sommer einen jungen Parteigenossen sexuell belästigt und sich so erpressbar gemacht. Apfel wurde kurz vor Weihnachten in einer Mitteilung des NPD-Parteivorstands aufgefordert, „Verfehlungen in der Vergangenheit“ lückenlos aufzuklären.

Apfel selbst sprach von „ehrverletzenden Verleumdungen“ und stritt die Anschuldigungen ab. Inwieweit die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, ist bislang nicht zu klären. Fakt ist: Apfel ist nach seinem Rücktritt zum Ziel von Hass und Spott geworden – und dies, obwohl er nicht der erste NPD-Funktionär ist, der in den Verdacht sexuellen Missbrauchs geraten würde. So war vor wenigen Jahren ein langjähriger Kreisrat aus Siegburg unter anderem wegen Kindesmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilt worden und ein sächsischer Landtagsabgeordneter musste nach Vorwürfen des Besitzes von Kinderpornografie sein Mandat zurücklegen.

Seit 20 Jahren Berufsfunktionär

Apfel hatte in den vergangenen 20 Jahren eine Musterkarriere in der NPD durchlaufen. Als Leiter und Chefredakteur der Parteiverlags „Deutsche Stimme“ machte er sich mit beißenden Artikeln einen Namen. Als NPD-Landeschef in Sachsen führte er die Landtagsfraktion seit 2004 und stieg 2011 zum Parteichef auf. Andererseits war er seit dieser Zeit auch Berufsfunktionär, der existenziell vollständig von der Partei abhängig war.

Mit einer gemäßigter verpackten Politik wollte er die NPD „in die Mitte der Gesellschaft“ rücken und seriöse Wähler ansprechen, machte sich aber damit in den eigenen Reihen Feinde. Sogenannte „Freundeskreise“, die Udo Pastörs – nach Apfels Rücktritt Kommissarischer Leiter der NPD und nach Einschätzung des Aussteigers Andreas Molau „völkischer Taliban“ – maßgeblich prägte, wetterten seit Monaten gegen den vermeintlich moderateren Kurs Apfels.

Anschuldigungen bleiben bestehen

In der rechtsextremen Szene wird Apfel weiterhin massiv angegangen und bedroht. Die NPD-Führung tut nichts, um ihren alten Parteigenossen zu schützen. Im Gegenteil: Sie gießt Öl ins Feuer und erklärt, Apfel einen „umfangreichen Fragenkatalog“ zur Sache zukommen lassen zu wollen. Dessen Beantwortung kommt Apfel durch seinen Parteiaustritt bevor.

Die Schlammschacht ist noch nicht beendet. Demokraten begrüßen die anhaltende Selbstzerfleischung der finanziell schwer angeschlagenen, im Kern stets neonazistisch gebliebenen Partei. Denn je mehr sie den Eindruck eines chaotischen Haufens erweckt, umso mehr verliert sie selbst in jenen ostdeutschen Hochburgen, in denen ihr seitens einiger Wähler ein Protestwert zugemessen wird, an Boden.

Sollte die NPD im kommenden Jahr bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg den Negativtrend fortsetzen und dazu noch den Einzug in das Europaparlament verpassen, könnte dies das endgültige Ende der Partei bedeuten. Ganz zu schweigen vom anstehenden NPD-Verbotsverfahren.