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Panorama

Warum der NSU-Prozess in diesem Jahr spannend wird

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172 Verhandlungstage sind vergangen und noch ist im NSU-Prozess wenig aufgeklärt. Das Verfahren wird von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen. Der erste Verhandlungstag des Jahres gibt Hoffnung, dass sich dies bald ändern könnte. (Foto: dpa)

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Die Angeklagte Beate Zschäpe steht während des NSU Prozess mit dem Rücken zur Polizei und der Kamera.
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Er begann unter den Augen der Weltöffentlichkeit und zählt zu den wichtigsten Strafprozessen der deutschen Nachkriegsgeschichte: Am 6. Mai 2013 nahm der NSU-Prozess seine Arbeit auf. Nicht einmal eineinhalb Jahre später wird der Prozess um die Morde und Anschläge des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor dem Münchener Oberlandesgericht von der breiten Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert. Ein Medienereignis ist die Hauptverhandlung schon lange nicht mehr.

Zu langwierig, zu frustrierend verlief das vergangene Jahr. Denn der Verfassungsschutz schwieg ebenso wie Belastungszeugen, die sich an ihre Zeit mit den Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nicht erinnern wollten. Richter Manfred Götzl musste sich mehrfach gegen Misstrauensanträge behaupten und von einer anderen Kammer des Gerichts bestätigen lassen.

Die Hauptangeklagte Zschäpe wollte ihre Anwälte loswerden und behielt sie am Ende doch. Nebenklage und Verteidigung verstrickten sich in endlose Wortgefechte. Das Verfahren schien den Fokus zu verlieren. Der Erkenntnisgewinn ging gen null. Das Zeitkonto platzte aus allen Nähten. Richter Götzl und sein Senat sind im schwer geschützten Saal 101 allerdings weiterhin hartnäckig auf der Suche nach der Wahrheit.

NSU-Prozess: Kaum Erkenntnisgewinn im Jahre 2014

Ein Ende ist (noch) nicht in Sicht. Denn eine Urteilsfindung scheint noch meilenweit entfernt zu sein. Dies veranlasste das Gericht, Termine bis Januar 2016 reservieren zu lassen. Prozessbeobachter rechnen jedoch mit einer Verhandlungsdauer bis mindestens Mitte 2016. Damit würde sich der NSU-Prozess um fast ein Jahr verlängern.

Kein Wunder: Denn Zschäpe und der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, der die Waffe des „NSU“ beschafft haben soll, hüllen sich weiterhin in Schweigen. Das zwingt das Gericht zu noch umfangreicherer Arbeit. Die Suche nach der Wahrheit wird damit noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Der 173. Verhandlungstag wird spannend 

Am Montag (12. Januar 2015) endete mit dem 173. Verhandlungstag die Weihnachtspause der Prozess-Beteiligten. Der Tag könnte den Beginn eines neuen Kapitels im Prozess markieren: Erstmals beschäftigte sich das Oberlandesgericht ausführlich mit dem Nagelbombenanschlag auf die Kölner Keupstraße. Das Attentat ist die letzte Tat des sogenannten NSU, die vor Gericht bisher nicht detailliert untersucht wurde.

Die kommende Verhandlungswoche verspricht hochemotional zu werden: Drei Beamte des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts (LKA) sollen ihre Erkenntnisse vor Gericht darlegen, bevor die Opfer des Anschlags und ihre behandelnden Ärzte gehört werden. Rund 30 Zeugen sollen an drei Tagen berichten. Nach Ansicht einiger Beobachter warten auf Richter Götzl und seinen Senat kurz nach dem Jahresneustart lange Tage. Es besteht Hoffnung, dass das Medienecho, mindestens für eine kurze Zeitspanne, wieder größer werden könnte.

Die schreckliche Bilanz des NSU

Die Terrorgruppe des sogenannten NSU soll von 2000 bis 2011 aus Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bestanden haben. Die beiden mutmaßlichen männlichen Mitglieder der Gruppe sollen acht türkischstämmige und einen griechischen Händler sowie eine Polizistin getötet und 14 Banken in Chemnitz, Zwickau, Stralsund und Arnstadt überfallen haben.

Zschäpe ist seit 2013 wegen Mittäterschaft in zehn Mordfällen, besonders schwerer Brandstiftung und Mitgliedschaft in und Gründung einer terroristischen Vereinigung vor dem Münchener Oberlandesgericht angeklagt.

Mittlerweile haben die Taten des sogenannten NSU fünf Untersuchungsausschüsse auf Bundes- und Länderebene beschäftigt und unzählige Entlassungen und Rücktritte verursacht. Wirkliche Erkenntnisse bleiben jedoch rar und Verschwörungstheorien zugleich beliebt.