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Politik

Türkei: Parlament billigt neue Reihe von Demokratisierungs-Artikeln

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Die Große Nationalversammlung in Ankara billigte am Wochenende einen Gesetzesentwurf mit dem Titel „Reform- und Demokratisierungspaket”, der den Ausbau der Grundrechte und Grundfreiheiten ermöglichen soll. (Foto: dha)

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Kurdische Wahlplakate der AKP in Diyarbakir
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Das Paket wurde bereits im letzten September von Premierminister Recep Tayyip Erdoğan angekündigt, doch die Regierung entschied sich aufgrund des vollen Terminplans des Parlaments, dessen Umsetzung zu verschieben. Am vergangenen Wochenende wurde das Paket zur Diskussion und Abstimmung an die Generalversammlung des Parlaments übermittelt.

Das nun genehmigte Paket ermöglicht politischen Parteien und Kandidaten, auch in anderen Sprachen und Dialekten als Türkisch für ihre Kampagnen zu werben. Ein weiterer Artikel besagt, dass politische Parteien eine Tandemlösung beim Parteivorsitz einrichten können unter der Bedingung, dass die Partei dieses System bereits in ihrer Satzung vorgesehen hat und dass es nicht mehr als zwei Co-Vorsitzende gibt.

Ein weiterer Artikel im Demokratisierungspaket besagt, dass der Staat allen Parteien, die bei den Parlamentswahlen über 3% der Wählerstimmen erhalten, finanzielle Unterstützung zur Verfügung stellt. Diese werde mindestens 1 Million TL (ca. 300.000 Euro) betragen.

Keine Kundgebungen unter freiem Himmel mehr nach Sonnenuntergang?

Außerdem beinhaltet der Gesetzesentwurf mehrere Artikel über das Versammlungs- und Demonstrationsrecht. Diesen zufolge müssen im Freien stattfindende Massenversammlungen und Demonstrationen vor Sonnenuntergang beendet werden, während Massenversammlungen, welche in geschlossenen Räumen stattfinden, bis Mitternacht anhalten können. Die Bilder und Stimmen von Teilnehmern und Sprechern während der Massenversammlungen und Demonstrationen dürfen von Beauftragten der Sicherheitsbeauftragten aufgenommen werden. Die aufgenommenen Videos und Stimmen dürfen von diesen jedoch für keine anderen Zwecke als zur Ermittlung von Verbrechen oder Verdächtigen genutzt werden. Veranstalter von Versammlungen sollen diese künftig beenden, falls sie außer Kontrolle geraten und im Falle von jeglichen illegalen Handlungen umgehend die Sicherheitsbehörden informieren.

Einer der wichtigsten Artikel im Gesetzesentwurf betrifft das Recht, Bildung in der eigenen Muttersprache vermittelt zu bekommen, was im Rahmen des Friedensprozesses in den mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebieten heiß diskutiert worden war. Der Artikel besagt, dass türkische Bürger künftig private Bildungsinstitutionen gründen dürfen, deren Betrieb in Sprachen und Dialekten vonstatten gehen soll, die im Alltag der Benutzer verwendet werden, unter der Bedingung, dass dies im Vorfeld auch im Konzept so verankert wird. Die Sprachen und Dialekte, die in diesen privaten Bildungsinstitutionen unterrichtet werden dürfen, werden vom Kabinett bestimmt. Die Prinzipien und Regeln für die Kontrolle über diese Institutionen werden in einer Verordnung enthalten sein, die vom Bildungsministerium entworfen werden soll.

Umfassendes Diskriminierungsverbot

Ein weiterer Artikel besagt, dass jeder, der eine andere Person aufgrund von Sprache, Rasse, Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht, Körperbehinderung, politischer Meinung, philosophischer Überzeugung, Religion oder Konfession daran hindert, bewegliches oder unbewegliches Vermögen zu kaufen oder zu mieten, eine öffentliche Leistung in Anspruch zu nehmen oder ein Unternehmen zu leiten, mit einer Strafe von bis zu drei Jahren Haft rechnen muss.

Dem Demokratisierungspaket zufolge dürfen auch nicht-türkische Namen von Dörfern wieder benutzt werden. Außerdem dürfen Kandidaten bei Kommunal- und Parlamentswahlen mit Broschüren oder Flugblättern in jeder Sprache für sich werben.

Nachdem das Paket angenommen worden war, beendete das Parlament vorerst seine Sitzungsperiode, um den politischen Parteien zu ermöglichen, ihren Wahlkampf für die Kommunalwahlen fortzusetzen, die am 30. März stattfinden. Das Parlament wird am 26. März seinen Betrieb wiederaufnehmen.