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Politik

Rechtsstaat und Gewaltenteilung als Brüssels Hauptanliegen

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Im Nachgang des Staatsbesuchs des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdoğan in Brüssel weist die EU einmal mehr darauf hin, wie wichtig ihr die Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltentrennung in der Türkei wäre. (Foto: dpa)

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Martin Schulz, Recep Tayyip Erdogan, Herman van Rompuy und Jose Manuel Barroso
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Nach fünf Jahren besuchte Premierminister Erdoğan Brüssel erneut, wo er einmal mehr für seine Ad-hoc-Gesetzesänderungen in den Bereichen Polizei- und Justizwesen anlässlich der Korruptionsaffären mit Kritik seitens seiner Gesprächspartner konfrontiert wurde. EU-Kommissionspräsident Barroso teilte diesbezüglich mit, dass Erdoğan seine Zusicherung gegeben hätte, den Rechtsstaat und die Gewaltenteilung zu respektieren.

Im Rahmen seines Besuches in Brüssel warnten Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates, EU-Kommissionspräsident Barroso und Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments (EP), Premierminister Erdoğan vor Abstrichen bei der Rechtsstaatlichkeit und erhielten im Gegenzug eine Zusicherung von ihm, dass die Türkei diesbezüglich zu ihren Zusagen stehe. In ihren Erklärungen teilten Van Rompuy, Barroso und Schulz mit, dass sie bezüglich der Entwicklungen nach dem 17. Dezember besorgt seien und sie diese Besorgnis auf eine klare Weise der türkischen Seite gegenüber deutlich gemacht hätten.

Augenmerk auf HYSK-Reform

Alle drei Präsidenten gaben bekannt, Erdoğan habe ihnen versichert, die Probleme werden im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz gelöst. Den EU-Quellen zufolge hörte Erdoğan während der Unterhaltungen seinen Gesprächspartnern geduldig zu und bewertete aus seiner Perspektive die Ereignisse des 17. Dezember, jedoch habe er dabei nicht überzeugend gewirkt. Der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, wies darauf hin, es sei notwendig, dass die Türkei zurück zu ihren Errungenschaften finden solle und die Justiz auf eine unparteiische Art und Weise funktionieren sollte, ohne jemanden zu favorisieren oder eine Diskriminierung zu bewirken. In seinen Gesprächen mit Erdoğan habe er auf die Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit und die Grundsätze der Gewaltenteilung der Türkei als Beitrittskandidat aufmerksam gemacht.

Auf die Frage des Reporters von The Guardian, „Erdoğan spricht von einer internationalen Verschwörung, glauben Sie daran?“, gab Van Rompuy keine klare Antwort. Erdoğan hingegen beantwortete die Frage bezüglich des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte der Türkei, wonach die Justiz versuche, die Exekutive ihrer Hegemonie zu unterwerfen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, dass auch er Erdoğan gegenüber das Anliegen der EU vermittelt und hervorgehoben habe, dass Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz und Gewaltenteilung nicht nur zu den Grundprinzipien der Demokratie, sondern ebenfalls zu den „primären und existenziellen“ Elementen des Verhandlungsprozesses der EU gehörten. Barroso brachte zum Ausdruck, dass Erdoğan in Aussicht gestellt hätte, die Probleme im Rahmen der Grundprinzipien der Demokratie zu lösen und dass er mit dieser Zusicherung zufrieden sei.

EU-Quellen sprechen von „ernstem Rückschritt“

Außerdem teilte er mit, es werde erwartet, dass das Handeln in Anbetracht der von der EU geäußerten Bedenken seitens der Türkei „schnell“ vonstatten gehen würde. Martin Schulz, der EP-Präsident, machte deutlich, wie empfindlich die EU gegenüber der Gefahr wäre, dass die Justiz politischem Druck ausgesetzt sei: „Die Rechtsstaatlichkeit ist wichtig. Das Prinzip der Gewaltenteilung muss respektiert und die Unabhängigkeit der Justiz muss geschützt werden. Dies ist ein unbestrittenes Anliegen. Ich gehe davon aus, dass die Botschaft deutlich wahrgenommen wurde.“

EU-Quellen zufolge verfolge Brüssel insbesondere die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Neustrukturierung des Obersten Rats der Richter und Staatsanwälte (HYSK) sehr genau und werde entsprechend den Ergebnissen des Prozesses seine Haltung bestimmen. Einige EU-Quellen sprachen auch mit „Zaman“ und deuteten an, dass die Schritte der türkischen Regierung im Anschluss an die Ereignisse vom 17. Dezember in Bezug auf den Reformprozess als ein „ernster Rückschritt“ wahrgenommen werden. Außerdem sei Erdoğan hinsichtlich des Verlaufs der Korruptionsuntersuchungen und der Entlassung Tausender von Polizisten befragt worden.

Flautre: Erklärung mit „äußeren Mächten“ ist nicht überzeugend

Helene Flautre, stellvertretende Vorsitzende der Gemischten Parlamentarischen Kommission, erklärte im Anschluss an die Gespräche mit Erdoğan und dem EP, dass die Erklärungen Erdoğans nicht befriedigend seien. Flautre, habe der Kritik des Premierministers zugehört, doch fand sie seine Antworten bezüglich spezifischer Fragen nicht „überzeugend“. Dass Erdoğan die Korruptionsaffären als Werk „äußerer Mächte, welche die Stabilität der Türkei unterminieren“, begründet, sei genau die gleiche Vorgehensweise wie bei den Gezi-Ereignissen. Von Erdoğan werde erwartet, dass er im Rahmen der Parlamentsdebatten und hinsichtlich des Gesetzgebungsprozesses seine Zusicherungen bezüglich der Unabhängigkeit der Justiz einhalten wird.