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Politik

Die Stolpersteine der Großen Koalition: Doppelpass und Homo-Ehe

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Die doppelte Staatsbürgerschaft bleibt das zentrale Streitthema der Koalitionsverhandlungen. Nachdem erneute Gespräche an der Blockadehaltung der Union scheiterten, scheint eine Lösung nun denkbar. Kommt der Doppelpass jetzt doch noch? (Foto: zaman)

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Vor der deutschen Flagge ein Mann, der eine Gesichtsbemalung hat - zaman
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Die doppelte Staatsbürgerschaft war bereits vergangenen Donnerstag Thema in den Koalitionsgesprächen der Arbeitsgruppen Inneres und Integration. Nach Ende der Gespräche zeigten sich Innenminister Friedrich (CDU) und SPD-Verhandlungsführer Thomas Oppermann noch wenig zuversichtlich, eine Einigung erzielen zu können. Mittlerweile signalisieren jedoch beide Seiten Gesprächsbereitschaft.

Vertreter der Union und SPD sprachen sich für eine Beilegung des Streits um die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Kürzlich zeigte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im ARD-Morgenmagazin „zuversichtlich“ in Sachen Doppelpass. „Wir werden uns sicherlich in den nächsten Wochen zusammenraufen.“

Friedrich hatte zuvor noch geäußert: „Wenn wir Millionen von Menschen die doppelte Staatsbürgerschaft geben, die sie weitervererben, werden wir eine dauerhafte türkische Minderheit in Deutschland haben.“ Dies bedeute eine „langfristige Veränderung der Identität der deutschen Gesellschaft“.

„Wir glauben, dass wir nicht die deutsche Staatsangehörigkeit wie Sauerbier irgendjemandem anbieten müssen”, sagte Friedrich weiter. Wer in Deutschland bleiben wolle, müsse sich die deutsche Staatsbürgerschaft durch Integration verdienen. Bisher entschieden sich 98 Prozent der betroffenen Jugendlichen für einen deutschen Pass, das Optionsmodell habe sich damit bewährt. Zu Zugeständnissen an die SPD über die Verlängerung der Optionsfrist hinaus sei die Union nicht bereit.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich hingegen weit weniger strikt: „Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe meine Gesprächsbereitschaft namens der gesamten CSU mitgeteilt“, sagte er. Inwiefern die Kanzlerin ebenfalls gesprächsbereit ist, bleibt unklar. Jedoch hat auch Seehofers Wort in Berlin Gewicht.

Die Ambivalenz dieser Aussagen zeigt die schwierige Situation der Koalitionsgespräche in der jetzigen Phase. Weder die Union, noch die SPD rücken nur einen Zentimeter von ihren ursprünglichen Positionen ab. Die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft bleibt eminent wichtig für die Bildung einer Großen Koalition. Eine Entscheidung könnte erst in der sogenannten „Elefantenrunde“, der Spitzenrunde der Parteichefs, zum Ende der Koalitionsverhandlungen fallen.

Doppelte Staatsbürgerschaft betrifft vor allem junge Türken

Das Thema Doppelpass betrifft vor allem türkische Einwanderer. Jährlich müssen sich 3000 bis 7000 junge Erwachsene zwischen der deutschen und der türkischen Staatsangehörigkeit entscheiden. In der türkischen Community macht sich jedoch nicht allein deswegen Unmut breit.

Denn von den jährlich rund 100 000 Personen, die in Deutschland eingebürgert werden, darf ungefähr die Hälfte dennoch ihren alten Pass behalten. Dies betrifft insbesondere Bürger aus anderen EU-Staaten und der Schweiz, sowie sogar Nicht-EU-Ländern wie Marokko oder dem Iran, die sich weigern, ihre Bürger aus der Staatsbürgerschaft zu entlassen. Es macht sich also der Verdacht breit, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Doppelpass belastet die Regierungsbildung

Während in den Koalitionsgesprächen vertrauensbildende Maßnahmen an der Tagesordnung stehen, birgt der Doppelpass politisches Zündfeuer. Denn die SPD hatte das Thema bereits vor Wochen als zentrale Bedingung für eine Große Koalition genannt. Ohne die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft gäbe es keine Regierungsbeteiligung. Mittlerweile scheint die SPD im Übrigen auch die so genannte „Homo-Ehe“ und damit die vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften zur Koalitionsfrage zu erheben.

Das Ziel der doppelten Staatsbürgerschaft werde die SPD „auf keinen Fall preisgeben“, bekräftigte Chefunterhändler Oppermann kürzlich. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig hat im Zusammenhang mit der „Homo-Ehe“ am gestrigen Montag sogar für einen Abbruch der Verhandlungen gesorgt. Auf der anderen Seite ist keine der beiden Parteien an Neuwahlen interessiert. Oppermann ruderte wenig später zurück: „Ich glaube, am Ende wird sich die Vernunft durchsetzen“, sagte er im ARD-Morgenmagazin.

Wie diese Vernunft aussehen soll, ist noch unklar. Allerdings scheinen Union und SPD an einem erfolgreichen Ergebnis der Regierungsbildung nicht zu zweifeln. Es wird einen Kompromiss geben. Noch bleibt die Zukunft vieler Jugendlicher türkischer Herkunft jedoch ungewiss.

Netzwerk türkeistämmiger MandatsträgerInnen: „Historische Chance“

Unterdessen begrüßt das Netzwerk türkeistämmiger MandatsträgerInnen, ein parteiübergreifender Zusammenschluss von Mitgliedern deutscher Parlamente, die selbst oder deren Familien aus der Türkei stammen, in einem offenen Brief an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD die Forderung der SPD zur generellen Einführung einer Doppelten Staatsangehörigkeit. Darin heißt es, dass beide Parteien „unbedingt die historische Chance nutzen und die Doppelte Staatsangehörigkeit auch für Nicht-EU-Staatler ermöglichen“ sollten. Die zeitgemäßen Anpassungen im Staatsangehörigkeitsgesetz dürften nicht den Koalitionsverhandlungen zum Opfer fallen.

„Wir erwarten darüber hinaus von der neuen Bundesregierung eine besonders aufgeschlossene Haltung für die Belange der Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund. So erhoffen wir uns in der Bildungspolitik und in der politischen Mitwirkung eine größere Chancengleichheit. Insbesondere erwarten wir, dass gut ausgebildete junge Menschen mit Migrationshintergrund, die hier geboren sind und hier studiert haben, wegen ihrer Herkunft am Arbeitsmarkt nicht benachteiligt werden“, so der Vorsitzender Ergun Can.