Connect with us

Bildung & Forschung

Ein ganzes Studium von zu Hause aus

Spread the love

In den USA hat es begonnen, Deutschland zieht nach: Immer mehr Universitäten bieten die Möglichkeit an, komplette Studiengänge online von jedem Ort der Welt aus zu absolvieren. Für viele eine attraktive Perspektive. (Foto: reuters)

Published

on

Ein ganzes Studium von zu Hause aus
Spread the love

Für die einen ist die Studentenzeit die schönste des Lebens: Fremde Stadt, Partys, freie Zeiteinteilung, Caféteria statt Vorlesungen und viel Raum zur Selbsterfahrung. Für andere ist sie eine lästige Pflicht, um berufliche Qualifikationen zu erwerben: Man wäre lieber weiter zu Hause bei Eltern oder Freund/in, als in einer unbekannten Stadt mit unsympathischen Mitbewohnern in einer WG zu leben, hält nichts von durchzechten Nächten, kann die Kommilitonen und die ganze Atmosphäre nicht leiden und würde lieber schon Geld verdienen, als noch Jahre im überfüllten Hörsaal verbringen und Scheine sammeln zu müssen.

Die digitale Revolution und der technologische Fortschritt versprechen jetzt für letztere Personengruppe nachhaltige Abhilfe. In immer mehr Regionen ist das Studium etwas, das sich von den eigenen vier Wänden aus erledigen lässt.

In den USA haben nun auch die Eliteunis das Potenzial der Homelearner erkannt. Harvard, Berkeley, Georgetown oder das Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben entdeckt, wie positiv sich die MOOCs („Massive Open Online Courses“) sowohl auf die organisatorischen Abläufe an den Universitäten selbst als auch auf die Lebensqualität der Studenten auswirkt. Sie haben sich zur Plattform „edX“ zusammengetan und bieten von dieser aus ihre Web-Kurse an. Die Seite bezeichnet sich selbst als die „Zukunft der Online-Bildung“.

Von nun an können Seminare über „Elektrizität und Magnetismus“, „Einführung in die Computerprogrammierung“ oder juristische Vorlesungen weltweit auf Knopfdruck ins Wohnzimmer geholt werden. Bei manchen Kursen fallen geringfügige Gebühren an, bei anderen wieder gar keine. Von der „Demokratisierung des Lernens” spricht Jörg Dräger vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh – und von einer Revolution.

Große Chance auch für Entwicklungsländer

Und diese Revolution wird auch vor Deutschland nicht Halt machen. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und die Technische Universität (TU) in München sind die ersten, die mit dabei sein wollen. Sie werden von diesem Sommersemester an erstmals akademische Online-Kurse anbieten. Die LMU will künftig vier Kurse weltweit über das Netz anbieten – zur Betriebswirtschaftslehre, Zellbiologie, mathematischen Philosophie und Vulkanologie. Die TU steuert einen Kurs über Computervisualisierung bei.

Die Bildungsträger haben sich der „Coursera” genannten Plattform der Stanford University in Kalifornien angeschlossen. „Coursera” ist neben „edX” und dem Vorreiter „Udacity” eine weitere große Lern-Plattform dieser Art.

Man hofft, auf diese Weise auch an Menschen heranzukommen, die ansonsten einer Universität ferngeblieben wären. Die Teilnehmer sollen sich beim Lernen in Diskussionsforen unterstützen, auf diese Weise sollen auch sozialer Kontakt und die wechselseitige Vernetzung ermöglicht werden. Es gibt neben Videovorlesungen auch interaktive Übungen und ein regelmäßiges Online-Quiz. Auch Abiturienten sollen sich auf diesem Wege bereits ein erstes Bild darüber machen können, was sie erwarten wird.

Auch Prüfungen könnten künftig online abgelegt werden, sagt Dräger. So hat „edX” einen Vertrag mit einer Firma abgeschlossen, die die Abschlussprüfungen abnimmt. Der Internet-Student muss sich ausweisen und legt dann die Prüfung ab. In Zukunft werde es auch möglich sein, die Identität des Prüflings an dessen Tippverhalten auf der Tastatur zu überprüfen. „Das ist wie ein Fingerabdruck”, sagt Dräger. Auch ein Iris-Scan per Webcam sei denkbar.

Bis es die ersten kompletten Online-Studienmöglichkeiten geben wird, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Viele Universitäten sind durch den massiven Andrang noch überfordert. Aber gerade auch für Menschen aus Entwicklungsländern könnte auf diese Weise ein wichtiger Zugang zur Bildung entstehen.