Bildung & Forschung
50 000 studierwillige Flüchtlinge in Deutschland erwartet
Mit dem Flüchtlingsstrom kommen immer mehr junge Menschen nach Deutschland, die sich erhoffen, ihr Studium hier fortzuführen. Grundsätzlich steht Flüchtlingen der Zugang zu deutschen Hochschulen offen. (Foto: dpa)
Auf bis zu 50 000 studierwillige Flüchtlinge müssen sich Universitäten und Hochschulpolitiker in Deutschland dieses Jahr nach Expertenschätzung einstellen. Für diese Asylsuchenden aus Krisenländern wie Syrien, Afghanistan oder Eritrea sollten der Zugang zu Sprachkursen oder Studienkollegs, eine durchgehende Finanzierung des Lebensunterhaltes über Bafög oder das Asylbewerberleistungsgesetz sowie neue Studienplätze gewährleistet werden.
Wie Jürgen Zöllner, Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und ehemaliger SPD-Wissenschaftsminister in Rheinland-Pfalz, am Dienstag in Berlin sagte, sind vollständig fehlende Unterlagen bei Flüchtlingen, die studieren wollen, ein besonderes Problem. Beim Nachweis der Hochschulzugangsberechtigung dieser Menschen gebe es Klärungsbedarf in der Kultusministerkonferenz (KMK) der Bundesländer. Die KMK tagt an diesem Donnerstag und Freitag in Berlin – unter anderem zum Thema Bildung und Hochschulzulassung für Flüchtlinge.
20% der Flüchtlinge wollen vermutlich studieren
Der erwartete Andrang von Asylsuchenden an deutschen Unis ergibt sich nach Zöllners Berechnung, wenn man von etwa einer Million Flüchtlinge in diesem Jahr ausgeht, von denen ein Viertel zwischen 18 und 25 Jahren alt ist – und von denen wiederum vermutlich 20 Prozent studieren wollten. Laut Umfrage der SPD-nahen Stiftung in zwölf Bundesländern werden derzeit überall „Gespräche zwischen Ministerien und Hochschulen geführt, um Hürden für den Hochschulzugang für Flüchtlinge abzubauen und Regelungen anzupassen“.
Zöllner stellte in den zuständigen Länder-Ministerien „hohe Sensibilität“ für das Thema fest. Allerdings sei – bei aller erklärten Bereitschaft, sich an den hohen Kosten der Länder zu beteiligen – auch das Bundesbildungsministerium stärker gefordert, sagte Berlins Wissenschafts-Staatssekretär Steffen Krach. Der Präsident der Technischen Universität Berlin, Christian Thomsen, erwartet von den Flüchtlingen Impulse für die naturwissenschaftlichen MINT-Fächer, in denen „der deutsche Nachwuchs schwächelt“.
Universität Potsdam: Flüchtlinge dürfen auch vor Aufenthaltstitel an die Uni
Flüchtlingen steht der Zugang zu Hochschulen in Deutschland grundsätzlich offen. Bei der Aufnahme eines Studiums werden sie behandelt wie andere ausländische Studenten auch. Zum Studium in Deutschland ist berechtigt, wer im Ausland einen Bildungsnachweis erworben hat, der einer in Deutschland anerkannten Hochschulzugangsberechtigung gleichwertig ist, und die erforderlichen Sprachkenntnisse hat. Falls keine Hochschulzugangsberechtigung vorliegt, steht in der Regel der Weg in ein Studienkolleg offen. Nach bestandener Prüfung kann ein Fachstudium aufgenommen werden.
In einer Rundmail verkündete die Universität Potsdam ihren Studenten, dass „Geflüchtete auch vor Erhalt ihres Aufenthaltstitels die gesamten Betreuungs- und Beratungsangebote der Uni Potsdam nutzen können. Die dabei erworbenen Studienleistungen kann man sich später auch auf den Erwerb akademischer Abschlüsse anrechnen lassen“.
EU-Staaten wollen abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben
Auf der anderen Seite arbeiten die EU-Staaten daran, abgelehnte Asylbewerber schneller wieder in ihre Heimat zurückschicken. „Die EU und ihre Mitglieder müssen mehr tun in Bezug auf die Rückführung“, heißt es in einem Beschlussentwurf für das Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. „Höhere Rückkehrquoten sollten zur Abschreckung für die irreguläre Migration dienen.“
So sollen 800 Millionen Euro bereitgestellt werden, um Migranten ohne Bleiberecht zur Rückkehr zu zwingen. Laut Papier wollen die Minister zudem die EU-Kommission auffordern, neue Vorschläge zu machen, um diesen Prozess zu beschleunigen. Nach Angaben der EU-Kommission verlassen nur 40 Prozent aller Flüchtlinge, die zur Rückkehr aufgefordert wurden, tatsächlich Europa. Die EU-Innenminister wollen das Papier bei ihrem Treffen am Donnerstag beschließen. (dtj/dpa)