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Politik

Wird die PKK den Terror wiederaufnehmen?

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Die Entwicklungen der letzten Wochen haben die Hoffnungen auf eine schnelle Umsetzung des Friedensabkommens gedämpft. Allerdings hat auch die PKK, die Öcalan freibekommen will, kein Interesse daran, zum bewaffneten Kampf zurückzukehren. (Foto: cihan)

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Wird die PKK den Terror wiederaufnehmen?
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Alle Anzeichen weisen darauf hin, dass der Friedensprozess in den letzten Wochen in eine Sackgasse geraten ist. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Die dramatischen Veränderungen zugunsten der Regime Syriens und Irans, die sich abzeichnen, dürften der wichtigste Grund sein, warum alle Parteien – einschließlich der Terrororganisation PKK – ihre Positionen bezüglich der Friedensvereinbarung überdenken.

Ganz unabhängig davon, was der wahre Grund ist, lautet die große Frage aber wie folgt: Wenn der Einigungsprozess sich verlangsamen oder stoppen sollte, wird die PKK ihren bewaffneten Kampf in diesem Jahr wiederaufnehmen?

Um diese Fragen beantworten zu können, muss zunächst einmal untersucht werden, was die PKK derzeit wirklich will und wie sie plant, von den sich verändernden politischen Verhältnissen in dieser Region zu profitieren.

Die PKK hat ihre Prioritäten im Zusammenhang mit dem jüngsten Abkommen aufgeführt, und sie zu kennen, wird helfen, zu verstehen, was sie in dieser Phase wirklich will. Die Nummer eins der erklärten Prioritäten ist die Freilassung ihres inhaftierten Führers, Abdullah Öcalan, und zwar alsbald wie möglich. Die zweite Priorität ist der Schutz ihrer erlangten Position in der kurdischen Region Syriens.

Die PKK ist sich bewusst, dass die Freilassung Öcalans in diesem oder im nächsten Jahr untrennbar mit dem Friedensprozess im Zusammenhang steht. Aus diesem Grund möchte sie dem Friedensprozess als solchem in diesem Stadium nicht schaden. Doch es stellt sich die Frage, welchen Preis die PKK für die Freilassung ihres Anführers zu zahlen bereit wäre. Mit anderen Worten: Würde die PKK als Gegenleistung für die Freilassung Öcalans die Waffen niederlegen?

Freilassung Öcalans bleibt erste Priorität

Auch wenn die PKK ihre Waffen gegen die Freilassung von Öcalan eintauschen wollen würde, stünde die Gruppe vor einem großen Dilemma: Die Freilassung Öcalans soll erzwungen werden, gleichzeitig wollen Öcalan und die PKK, dass die Macht der PKK erhalten bleibt. Dementsprechend hat die PKK ihre Macht während des Friedensprozesses gestärkt, um der Regierung zu zeigen, dass es unmöglich wäre, gegen die PKK zu kämpfen.

Für Außenstehende ist es ein kompliziertes politisches Paradoxon, zu erklären, was die PKK plant. Der einfachste Weg, um zu erklären, wie die PKK plant, Öcalan aus dem Gefängnis freizubekommen, ist es, der Regierung zu zeigen, dass die Wiederaufnahme des Kampfes teurer wäre, als die Freilassung Öcalans als Gegenzug zu einigen Zugeständnissen der PKK.

Daher muss die PKK, um ihre erste Priorität aufrechterhalten zu können, die Position pro Waffenstillstand aufrechterhalten, doch gleichzeitig muss sie ihre politischen, militärischen und sozialen Grundlagen stärken. Demzufolge hat die PKK selbst kein Interesse daran, den bewaffneten Kampf wiederaufzunehmen. Allerdings wird sie zweifellos andere Mechanismen, wie zivilen Ungehorsam, Medienkampagnen, Hungerstreiks usw. nutzen, um Druck auf die Regierung auszuüben. Mit solch einer Strategie hofft die PKK, das Bild Öcalans in den Augen der Bevölkerung zu normalisieren und ihr seine Schlüsselposition bei der Lösung des Konflikts zu verdeutlichen.

Möglicher Sieg Assads als Restrisiko für Ankara und die PKK

Um die zweite Priorität weiterverfolgen zu können, braucht die PKK eine Festigung ihrer Position in Syrien. Das erfordert eine noch heiklere Form der politischen Verwaltung der Vision. Die PKK muss sowohl in der Lage sein, sich auf die Anforderungen des syrischen Regimes und des Iran einzustellen, als auch für die Türkei ein Gesprächspartner bleiben zu können, die eine klare und eindeutige Position zu Syrien hat.

Bisher ist es der PKK gelungen, ihre Terraingewinne in Syrien zu sichern. Doch mit einem Comeback Bashar Al-Assads in Syrien wäre die PKK dazu gezwungen, ihre Position nochmals zu überdenken. Es stellt sich die Frage: Würde sich die PKK mit Assads Regime arrangieren können? Würde sie im Gegenzug Assad einen Gefallen tun, etwa in Form der Wiederaufnahme ihres Kampfes gegen die Türkei, um somit ihre Gewinne in Nordsyrien festigen zu können?

Solch ein Szenario kann nicht ausgeschlossen werden. Selbst einige Abgeordnete der AKP fingen an, über solche Möglichkeiten zu spekulieren. Jedoch gibt es noch viel Unbekanntes in Syrien. Ob es Assad gelingen wird, Nordsyrien zu kontrollieren, bleibt fraglich.

Wie auch immer: Sobald die PKK-Führer in den Kandil-Bergen erkennen, dass sie durch eine Vereinbarung mit Assad mehr zu gewinnen hätten, würden sie zweifellos mit Assad kooperieren, die Prioritäten der PKK ändern und ihren terroristischen Kampf gegen die Türkei wiederaufnehmen.

Derzeit ziehen sie es aber vor, still zu halten und die weiteren politischen Entwicklungen abzuwarten.

Autoreninfo: Emre Uslu ist Sicherheitsexperte und Kolumnist. Er schreibt für die türkischen Zeitungen „Taraf“ und „Today’s Zaman“.