Connect with us

Politik

„SPON“: Kohl wollte Hälfte der Türken loswerden

Spread the love

Großbritannien hat Geheimdokumente aus dem Jahr 1982 veröffentlicht. Darunter das Protokoll eines Gesprächs von Margaret Thatcher und Helmut Kohl. Der Kanzler überlegte, 50 Prozent der in Deutschland lebenden Türken loszuwerden. (Foto: dpa)

Published

on

„SPON“: Kohl wollte Hälfte der Türken loswerden
Spread the love

Altbundeskanzler Helmut Kohl (re.) wollte laut Geheimpapieren der britischen Regierung in den 1980er Jahren die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken nach Hause schicken. Das berichtete „Spiegel Online“ am Donnerstag unter Berufung auf ein geheimes Protokoll eines Gesprächs zwischen Kohl und der britischen Regierungschefin Margaret Thatcher (li.) vom 28. Oktober 1982. Kohl war damals etwa vier Wochen im Amt. Das Papier unterliegt nach Ablauf einer 30-jährigen Frist nun nicht mehr der Geheimhaltung und konnte von „Spiegel Online“ eingesehen werden.

In dem Protokoll mit dem Aktenzeichen PREM 19/1036 heißt es nach Angaben des Portals: „Kanzler Kohl sagte, […] über die nächsten vier Jahre werde es notwendig sein, die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren – aber er könne dies noch nicht öffentlich sagen“. Und weiter: „Es sei unmöglich für Deutschland, die Türken in ihrer gegenwärtigen Zahl zu assimilieren.“ Bei dem Gespräch anwesend waren demnach nur Kohl, sein Berater Horst Teltschik, Margaret Thatcher und ihr Privatsekretär A.J. Coles, der Verfasser des Dokuments.

Kein Problem mit Portugiesen und Italienern, mit Türken aber schon

Kohl wollte die Türken den Dokumenten zufolge im Oktober 1982 einfach nur loswerden. „Deutschland habe kein Problem mit den Portugiesen, den Italienern, selbst den Südostasiaten, weil diese Gemeinschaften sich gut integrierten“, zitiert Protokollant Coles den Kanzler, der seinerzeit gerade vier Wochen im Amt war. „Aber die Türken kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. […] Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus osteuropäischen Ländern integriert. Aber diese seien Europäer und stellten daher kein Problem dar.“

Als Beispiele für das „Aufeinanderprallen zweier verschiedener Kulturen“ nannte Kohl demnach Zwangsehen und Schwarzarbeit der Türken. Jeder zweite von ihnen müsse daher gehen, für die Bleibenden sieht der Kanzler spezielle Schulungen vor: „Diejenigen, die integriert werden, müssten Deutsch lernen“, heißt es im Protokoll.

Knapp zehn Jahre später setzt Kohl 1993 gegen innerparteiliche Widerstände durch, dass in Deutschland zur Welt gekommene Ausländer der dritten Generation den deutschen Pass bekommen konnten und erleichterte damit die Einbürgerung. Die Migranten trügen „ganz erheblich zum Wohlstand der Deutschen“ bei und sicherten deren Renten mit, erklärt der Kanzler. Im Jahre 2000 kommt Kohl nach Istanbul, zur Hochzeit seines Sohnes Peter mit einer türkischen Unternehmerstochter. Eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU lehnt er aber stets ab.

Die britische Regierung veröffentlichte am Donnerstag eine Reihe von Geheimdokumenten. Das Nationalarchiv machte sie öffentlich zugänglich, einige davon im Netz. Aufsehen erregte unter anderem eine vorbereitete Rede von Queen Elizabeth II. an das Volk für den Fall des Ausbruchs eines Dritten Weltkriegs. Auch die britische Reaktion auf die US-Invasion in Grenada und innenpolitische Details aus der Regierung Margaret Thatcher waren dabei von großem Interesse. (dpa/dtj)