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Panorama

Erstmals seit 125 Jahren „Thanksgivukkah“

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„Thanksgiving“ ist das traditionelle amerikanische Erntedankfest. Die auf die Pilgerväter zurückreichende Tradition bringt jährlich die Familien zusammen. Diesmal fällt der Tag mit dem jüdischen Lichterfest zusammen. (Foto: dpa)

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Es gibt nur wenige Dinge, die amerikanischer sind als Thanksgiving. Viele Familien kommen am vierten Donnerstag im November zum gemeinsamen Truthahn-Essen zusammen und zelebrieren einen der bedeutendsten Feiertage der USA. Nichts ungewöhnliches, könnte man meinen, schließlich handelt es sich um ein alljährlich wiederkehrendes Ereignis.

Thanksgiving geht auf die Zeit der Pilgerväter zurück. Solche sollen, als sie bei Plymouth Rock in Massachusetts landeten, zusammen mit den einheimischen Wampanoag-Indianern im Herbst 1621 ein dreitägiges Erntedankfest gefeiert haben, da sie ohne deren Hilfe hätten den folgenden Winter nicht überlebt hätten. Heute ist Thanksgiving ein nationaler Feiertag in den USA.

Und doch ist in diesem Jahr einiges anders, denn Thanksgiving fällt mit dem ersten Tag des jüdischen Lichterfestes Chanukka (hebräisch: Einweihung) zusammen. Jenem mehrtägigen Fest also, das an die Neuweihe des Tempels in Jerusalem im Jahre 165 vor der christlichen Zeitrechnung erinnert. Dabei hatten sich jüdische Kämpfer unter Führung der Makkabäer-Familie erfolgreich gegen die syrisch-griechische Fremdherrschaft aufgelehnt.

Unternehmer kreieren eigene Produkte zum „Thanksgivukkah“

Dass nun beide Feste zusammenfallen, war laut einem Bericht der „Washington Post“ zuletzt im Jahr 1888 der Fall. Dieser kalendarische Zufall hat jetzt ein paar geschäftstüchtige Unternehmer auf den Plan gerufen. Darunter Jennie Rivlin Roberts, die in Atlanta die Internetseite ModernTribe.com betreibt, eine Art Versandhandel, der gezielt eine jüdische Kundschaft ansprechen soll.

Da gibt es etwa kleine Davidsterne als Kettenanhänger oder Armbänder zum Bar-Mizwa-Fest. Und seit einiger Zeit eben auch die Rubrik „Thanksgivukkah“ – eine sprachliche Kombination aus Thanksgiving und Chanukka.

Geprägt hat den Begriff die Marketingexpertin Dana Gitell, mit der Rivlin gemeinsam die Produkte für die entsprechende Rubrik auf ihrer Webseite entwickelt hat. Dazu gehören auch eine Thanksgivukkah-Schürze oder entsprechende T-Shirts mit dem Profil eines Truthahns samt acht- beziehungsweise neunarmigem Leuchter, beides die Symbole für das jeweilige Fest.

Auch wenn sie zunächst skeptisch gewesen sei, wie Roberts einräumt; die Nachfrage hat mittlerweile ihre Erwartungen weit übertroffen. „Ich bin absolut überwältigt“, berichtet die Unternehmerin der Nachrichtenagentur dpa. Ihr „No Limit Texas Dreidel Game“, eine Kombination aus Poker und Dreidel – ein kreiselartiges Spielzeug für Kinder zu Chanukka – sei fast ausverkauft.

Grund genug für Roberts, neben dem Internetshop auch ein Geschäft in der realen Welt, in diesem Fall in der Innenstadt Atlantas, zu eröffnen. Sie hat zehn weitere Mitarbeiter eingestellt und bekommt nach eigenen Angaben jeden Tag Hunderte Online-Bestellungen.

Diesmal auch Krapfen mit Truthahnfüllung

Tatsächlich hat sich die Thanksgivukkah-Welle offenbar zu einem landesweiten Trend gemausert. Zahlreiche jüdische Gemeinden wollen daran teilhaben. So titelte die „Los Angeles Daily News“ jüngst: „Süd-Kalifornien im Thanksgivukkah-Fieber“. Seinen Höhepunkt dürfte die Fieberkurve dort voraussichtlich beim Thanksgivukkah-Festival erreichen, zu dem Tausende Besucher erwartet werden. Organisiert hat das Ganze übrigens Dana Gittels Deborah.

Und weil Feiertage auch immer kulinarisch etwas Besonderes darstellen, hat sich etwa eine New Yorker Bäckerei überlegt, die traditionellen Krapfen zum Chanukka-Fest – die normalerweise mit Marmelade gefüllten Sufganiots – dieses Mal mit Truthahnfüllung anzubieten.

So viel Geschmacksver(w)irrung sorgt nicht nur für Freude: So hat der jüdische Liedermacher Daniel Brenner auf YouTube ein Video zu seinem „Anti-Thanksgivukkah-Song“ hochgeladen, das auf humoristische Weise die zuweilen fast schon zwanghafte Vermischung der beiden Feste aufs Korn nimmt.

Auch im Weißen Haus wird Thanksgiving gefeiert. Allerdings werden die für das dortige Fest ausgewählten Truthähne regelmäßig von den amtierenden Präsidenten „begnadigt“. (dpa/dtj)