Connect with us

Wirtschaft

Südosten der Türkei: Vom Terrorismus zum Tourismus?

Spread the love

Der Tourismus in den Provinzen der Ost- und Südosttürkei profitiert vom Friedensprozess und hat seine Kapazitäten vervielfacht. Die jüngsten Unruhen und die Syrienkrise könnten jedoch bald wieder die Hoffnungen dämpfen. (Foto: cihan)

Published

on

Spread the love

Lange Zeit unter dem Terror gelitten, nun eine Touristenhochburg? Der Friedensprozess macht’s möglich. Wie der von der Vereinigung der türkischen Reiseveranstalter (TÜRSAB) vorgestellte „Bericht über den Aussöhnungsprozess und den regionalen Tourismus“ darstellt, hat sich die Zahl der in- und ausländischen Touristen im Laufe des Jahres 2012 auf 1,5 Mio. erhöht, 2013 wurde bereits die 2-Millionen-Marke überschritten.

Dass die türkische Regierung seit Ende 2012 offiziell begonnen hat, mit dem inhaftierten Führer der terroristischen PKK über ein Ende des seit Mitte der 80er Jahre tobenden Krieges zwischen der türkischen Armee und den Terroristenverbänden zu verhandeln, der an die 40 000 Menschen das Leben gekostet haben soll, hat dem Osten und Südosten der Türkei nicht nur einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, sondern auch zunehmend Touristen angelockt. Darüber hinaus wollen auch Unternehmen von der Entwicklung profitieren und beginnen in der Region zu investieren.

Dieser Trend hatte sich jedoch bereits seit der Jahrtausendwende abgezeichnet. Die Zahl der registrierten Touristikbetriebe an den acht beliebtesten Reisezielen der Region hat sich von 102 im Jahr 2000 auf 188 im Vorjahr fast verdoppelt. Die Zahl der Gästebetten stieg in dieser Zeit sogar um 165%, nämlich von 11 272 auf 29 935.

Dieser Aufschwung schlägt sich am Ende auch in den Passagierzahlen der Flughäfen der Region nieder. Im Jahr 2007 lagen diese auf 16 Flughäfen bei 3,8 Mio., dazu kamen lediglich 148 000 internationale Passagiere. Im Vorjahr waren es bereits 10,5 Mio. einheimische Flugreisende und zusätzlich 484 900 internationale.

Und das, obwohl beispielsweise das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland des Öfteren und auch aktuell vor Flügen in Gebiete wie Diyarbakır, Mardin, Batman, Bitlis, Bingöl, Siirt, Mus, Tunceli, Şırnak, Hakkâri und Van warnt.

Tourismus zieht Folgeinvestitionen nach sich

Der Vorsitzende des TÜRSAB, Başaran Ulusoy, bezeichnete den Tourismus bei der Vorstellung des Berichts als eine der großen Chancen für die Region und betonte, dass der Aufschwung in dem Sektor auch schon Investitionen in anderen Bereichen und Interesse am lange vernachlässigten Krisengebiet erweckt habe. „Der Tourismus hat das Potenzial der gesamten Region entfaltet“, betonte Ulusoy.

Bis zur 100-Jahr-Feier der türkischen Republik im Jahre 2023 wolle man nun die Zahl der Touristen in der Region auf 5 Millionen steigern.

Die Situation in der Grenzregion um die vom terroristischen „Islamischen Staat“ (IS; ehem. ISIS) belagerten syrischen Stadt Kobani und die gewalttätigen Ausschreitungen der Vorwoche könnten dem Aufschwung jedoch einen jähen Dämpfer versetzen.

Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in Grenznähe

Das Auswärtige Amt empfiehlt beispielsweise derzeit dringend, sich angesichts der angespannten Situation nicht in der Nähe der Grenzen zu Syrien und Irak aufzuhalten und insbesondere Grenzanlagen zu meiden. Terroristische Anschläge und Entführungen von ausländischen Staatsangehörigen können besonders in Grenznähe nicht ausgeschlossen werden, heißt es weiter. Es wird geraten, die Medienberichterstattung zur aktuellen Lage zu verfolgen.

Mit Blick auf mehrere Provinzen des Südostens ist die Rede von einem „erhöhten Risiko für Reisende“ und es wird auch hier empfohlen, die aktuelle Berichterstattung aufmerksam zu verfolgen.

Başaran Ulusoy zeigt sich angesichts der Unruhen jedoch entschlossen. „Die jüngsten Ereignisse werden uns nicht davon abhalten, unsere Ziele zu verfolgen.“ Er verurteilte vor allem die Angriffe von Extremisten auf Museen und Kulturzentren.

„Die Plätze, die diese Werte beherbergen, die als Weltkultur und Welterbe präsentiert werden und die das Prestige der Türkei steigern, sollten mit Vorsicht behandelt werden“, so Ulusoy. „Wir werben auch mit unseren historischen Artefakten um Touristen. Die Menschen sollen nicht ihr eigenes Eigentum beschädigen.“