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Politik

Türkei: Warum schweigt Erdoğan zum PKK-Terror?

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In letzter Zeit hat sich ungeachtet des Friedensprozesses die Zahl terroristischer Angriffe der PKK auf türkische Soldaten wieder erhöht. Die Opposition wirft Premierminister Erdoğan vor, aus wahltaktischen Gründen dazu zu schweigen. (Foto: reuters)

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In letzter Zeit hat sich ungeachtet des Friedensprozesses die Zahl terroristischer Angriffe der PKK auf türkische Soldaten wieder erhöht. Die Opposition wirft Premierminister Erdoğan vor, aus wahltaktischen Gründen dazu zu schweigen.
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Die türkische Opposition wirft Premierminister Erdoğan vor, zu den jüngsten Angriffen der terroristischen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu schweigen, um den Friedensprozess und die mögliche Unterstützung durch die prokurdische Demokratische Partei des Volkes (HDP) im Zuge der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen nicht zu gefährden.

„Der Premierminister muss zu den PKK-Angriffen schweigen, weil die Terroristen sonst ihre blutigen Attacken im Südosten wiederaufnehmen würden“, meinte der stellvertretende Fraktionschef der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) in der Großen Nationalversammlung, Yusuf Halacoğlu, gegenüber Today’s Zaman.   

Es sei bezeichnend, so Halacoğlu, dass in einer Zeit, da es nicht mal mehr möglich wäre, auf einigen öffentlichen Gebäuden die türkische Flagge zu hissen (im Südosten der Türkei), der Premierminister auch nicht in der Lage wäre, klare Worte gegen die PKK zu finden. Erdoğan fühle sich der PKK verpflichtet, weil ein Machtverlust bedeuten würde, für die Korruptionsaffäre zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Auch der Parteichef der MHP, Devlet Bahçeli, übte im Rahmen einer Fraktionssitzung scharfe Kritik und bezichtigte Erdoğan, sich wie ein „geheimes Mitglied der PKK“ zu verhalten.

Kritik auch aus der CHP

In der Tat hatte es im Laufe der vorangegangenen Wochen, obwohl es zu mehreren PKK-Attacken auf türkische Armeeeinheiten gekommen war, keine Stellungnahmen des Premierministers Recep Tayyip Erdoğan dazu und keine Erwähnungen in seinen Reden gegeben. Auch drohte Erdoğan der PKK keine Konsequenzen infolge ihrer Verletzung des Waffenstillstandsabkommens an, das Teil des Friedensprozesses ist.

Trotz des im Dezember 2012 begonnenen Friedensprozesses hatten die Terroristen eine Reihe von Angriffen unternommen, deren Ziel die türkischen Streitkräfte in der vorwiegend von Kurden bewohnten Region der Südosttürkei waren. Jüngst schoss die PKK am Dienstag in der Provinz Diyarbakır auf einen Armeehelikopter. Es wurde niemand verletzt, das Fluggerät wurde jedoch vier Mal getroffen.

Am vergangenen Wochenende entführte die PKK zwei türkische Offiziere und verletzte neun Soldaten in einer weiteren südöstlichen Provinz. Im Vorfeld dieses Angriffs hatte eine Gruppe von Terroristen am Samstag eine Landstraße in Richtung der Provinz Diyarbakır blockiert, um gegen die Errichtung einer Gendarmeriestation zu protestieren. (cihan)

Am vergangenen Wochenende entführte die PKK zwei türkische Offiziere und verletzte neun Soldaten in einer weiteren südöstlichen Provinz. Im Vorfeld dieses Angriffs hatte eine Gruppe von Terroristen am Samstag eine Landstraße in Richtung der Provinz Diyarbakır blockiert, um gegen die Errichtung einer Gendarmeriestation zu protestieren.

Auch der Abgeordnete der oppositionellen Republikanischen Volkspartei, Ferit Mevlüt Aslanoğlu (Malatya), beschuldigte den Premierminister, aus taktischen Gründen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. „Es liegt daran, dass er sich die Stimmen der HDP-Anhänger sichern will, die er dringende benötigt, um gewählt zu werden. Um zum Präsidenten gewählt zu werden, drückt er angesichts terroristischer Attacken der PKK ein Auge zu“, betont Aslanoğlu gegenüber TZ.

Nur mit HDP-Stimmen sicher über 50%

Militärkreise berichten zudem vom Beschuss einer Militäreinheit durch die PKK von der irakischen Seite des Grenzgebiets in einer gebirgigen und ländlichen Gegend von Şemdinli in der Provinz Hakkari aus. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, woraufhin die Terroristen die Flucht ergriffen hätten.  

Die PKK hatte vor einigen Wochen noch politische Schritte hin zu mehr Autonomie eingefordert. In einem Schreiben des inhaftierten Terroristenführers Abdullah Öcalan, das am 21. März während der Newruz-Feiern in Diyarbakır  verlesen wurde, verlangte dieser, die Friedensgespräche sollten in offizielle Verhandlungen zwischen der PKK und der Regierungen münden, deren Ziel die Autonomie der Kurdengebiete im Südosten der Türkei und das Recht auf Erziehung in der Muttersprache wären.

Atilla Sandikli, der Präsident des in Istanbul ansässigen Weisenrates für Strategische Studien (Bilgesam), vertrat die Auffassung, die Regierung könne sich kein Scheitern des Friedensprozesses leisten, da es sich dabei um einen der wenigen Faktoren handeln würde, die der Regierung tatsächlich Stimmen bringen. Aus diesem Grund würde Erdoğan auch zur PKK schweigen, so Sandikli zur TZ.

Angst vor Scheitern des Friedensprozesses

Diese Strategie werde sich bis zu den Präsidentenwahlen nicht verändern, sagte Sandikli voraus, auch wenn die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns des Friedensprozesses ebenfalls ansteige, je freier sich die PKK im Südosten bewegen könne. Jüngst war bekannt geworden, dass die PKK seit Beginn des Friedensprozesses 2000 neue Mitglieder in der Türkei rekrutiert hat.

Die AKP hatte bei den Kommunalwahlen Ende März landesweit etwa 44% der Stimmen erreicht. Um am 10. August zu den Präsidentenwahlen sicher über 50% zu kommen, sei Erdoğan auf die stimmen der HDP-Anhänger angewiesen.

Bis dato hat Premierminister Erdoğan seine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten offen gelassen. Allerdings mehren sich die Anzeichen für eine solche. So hat die AKP-nahe Union der Türkischen Demokraten in Europa (UETD) für den 24. Mai eine Großkundgebung mit Premierminister Erdoğan in Köln organisiert, die einen Wahlkampfauftakt markieren könnte. Immerhin sind zur Präsidentenwahl erstmals auch Auslandstürken in der Lage, sich an den Wahlen zu beteiligen.