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Politik

Türkei: Zurück zu den Wurzeln

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Der türkische Premierminister Erdoğan hat Kirgisistan und die Mongolei besucht. Mit beiden zentralasiatischen Ländern sollten auf diesem Wege die wirtschaftlichen und kulturellen Bande gestärkt werden. (Foto: aa)

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Türkei: Zurück zu den Wurzeln
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Professor Ermanno Visintainer ist Turkologe und Experte für die türkischsprachige Welt. Er ist zudem Vorsitzender des italienischen Think Tanks „Vox Populi“. Dieses bekannte Studienzentrum unterstützt zahlreiche bekannte italienische Intellektuelle und Politiker. Es organisiert außerdem Konferenzen und veröffentlicht Bücher über Literatur und eurasische Geopolitik.

Die Denkfabrik hat vor kurzem eine Reihe von Werken veröffentlicht, die auf das Buch des türkischen Außenministers Ahmet Davutoğlu „Strategische Tiefe“ verweisen. Die Frau Visintainers ist eine mongolische Kasachin, sein sieben Jahre alter Sohn heißt Timuçin. Visintainer hatte seine spätere Frau erstmals in Istanbul getroffen, wo ihre Familie immer noch lebt.

In der Tat gibt es eine breite mongolische Diaspora in Istanbul. Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan weilte zwischen dem 9. und 11. April in Kirgisistan und reiste anschließend bis zum 12. April in die Mongolei weiter.

Politische Beobachter stellen sich die Frage nach den Zielen der beiden in engem zeitlichem Zusammenhang liegenden Besuche: Die Antwort darauf lautet, dass die Türkei mittlerweile begonnen hat, sich Gedanken über Zentralasien zu machen, und zwar nicht nur im Kontext der unmittelbar angrenzenden ehemaligen Sowjetrepubliken.

Durch das Hinzufügen der Mongolei, Afghanistans und der uigurischen autonomen Regionen Xinjiang in China hat sie das Portfolio der mit der Türkei „verwandten“ Länder erweitert. Turkish Airlines bietet nun Direktflüge zwischen Istanbul, Bischkek (Manas Airport) und Ulan Bator an. Zuvor war der Luftweg in die Mongolei nur über Moskau möglich.

Kooperationsrat begleitete Erdoğan auf seiner Zentralasienreise

Dank dieser neuen Entwicklung ist Istanbul nun auch für die Mongolei ein Fenster zur Welt geworden. Zudem ist sie zu einer zweiten Heimat für zahlreiche mongolische Bürger geworden. Auch die Abschaffung der Visapflicht zwischen der Türkei und der Mongolei steht gerade auf der Tagesordnung. Sollte diese geschehen, würden die Beziehungen zwischen beiden Ländern nach einer mehr als tausendjährigen Geschichte der Trennung in Windeseile eine bislang noch nie gekannte Qualität erreichen.

Erdoğans erster Halt war Bischkek. Am 10. April traf der türkische Regierungschef in der kirgisischen Hauptstadt den dortigen Premierminister Zhantoro Satybaldiyev. Danach fand die zweite Tagung des hochkarätig besetzten türkisch-kirgisischen strategischen Kooperationsrates (YDSK) statt.

Erdogan in mongolischer Trachtkleidung aa.png

Der YDSK wurde 2011 während des ersten Besuchs Erdogans in Bischkek gegründet. Seine erste Sitzung fand während des Besuchs des kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambayev in Ankara statt. Während seiner diesjährigen Reise besuchte Premierminister Erdoğan die Bischkek-Moschee, die Baustelle des Yunus-Emre-Kulturzentrums und die kirgisisch-türkische Manas-Universität.

Darüber hinaus nahm er am türkisch-kirgisischen Business Forum teil. Die Besichtigung des Yunus-Emre-Kulturzentrums musste aber – offenbar nicht nur aufgrund der Unterzeichnung dringlicher Abkommen in der kirgisischen Hauptstadt – verschoben werden. In der Stadt gibt es bereits ein französisches und ein deutsches Kulturzentrum. Die Türkei gewährte Kirgisistan ihrerseits 2 Millionen Dollar als Hilfe zur Errichtung dieses Zentrums und zwei Grundstücke in Ankara (Oran Sitesi) für die kirgisische Botschaft. Der Besuch sollte in jedem Fall auch der bislang schleppenden Fertigstellung des Bauvorhabens für das Yunus-Emre-Kulturzentrum wieder Antrieb verleihen.

Umfassendes Kooperationsmodell gesucht

In der Mongolei legte Erdoğan anschließend einen Kranz an einer Statue von Dschinghis Khan in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator nieder. Des Weiteren traf Erdoğan seinen Amtskollegen, den mongolischen Premierminister Norovyn Alrankhuyag und unterfertigte zusammen mit diesem mehrere Abkommen. Am 12. April kam Erdoğan auch mit dem mongolischen Präsidenten Tsakhiagiin Elbegdorj zusammen.

Ein Höhepunkt des Besuchs war die Teilnahme an der Eröffnung des Ankara-Boulevards in Ulan Bator, welche von der Türkischen Agentur für Zusammenarbeit Entwicklung (TIKA) und der Stadtverwaltung von Ankara gebaut wurde. Danach folgte noch eine Besichtigung der Bilge-Tonyukuk-Denkmäler in der mongolischen Stadt Nalaikh, wo Erdoğan an der Eröffnungszeremonie einer Moschee und eines Kulturzentrums teilnahm.

Der YDSK ist ein Beispiel für eine sehr vorteilhafte Art der Zusammenarbeit. Die Türkei braucht aber ebenso ein neues Modell der Kooperation, welches alle Völker des Balkans, der Schwarzmeerregion, des Kaukasus und des Nahen Ostens umfasst. Die Reise des Ministerpräsidenten nach Kirgisistan und Mongolei diente lediglich dazu, diese Notwendigkeit noch deutlicher zu unterstreichen.