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Geschichte

Atatürk, die Buchstabenrevolution und die ins Ausland verkauften osmanischen Schriften

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Im August 1928 wurde die Buchstabenrevolution der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach 86 Jahren denken viele Türken, diese sei der Hauptgrund für die vergessene Bindung zum Osmanischen Reich. Andere allerdings sehen keinen Grund zur Aufregung.

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Mustafa Kemal Atatürk war der erste Staatspräsident der türkischen Republik, der eine Buchstabenrevolution im Land für dringend erforderlich hielt. Wir kennen das Bild, auf dem Mustafa Kemal Kindern die lateinischen Buchstaben auf einer Tafel vorstellt. Das vorgebliche Ziel dieser Handlung war, die Türkei der modernen Zivilisation, als deren Inbegriff Atatürk den Westen sah, näherzubringen. Ob die arabischen Buchstaben ein Hindernis für eine moderne Zivilisation sind, kann man natürlich bezweifeln, aus damaliger Sicht war dies jedoch mehr als nur ein symbolischer Akt.

Historische Schriften, die Inhalte der osmanischen Archive oder andere osmanische Literatur wurden für die nächstfolgenden Generationen so gut wie unzugänglich. Die eigene Kultur wurde den Menschen fremd. Nur wenige Schriften wurden in die lateinische Schrift transferiert. Es ist offensichtlich, dass diese Revolution eigentlich ein Rückschlag war. Das eigentliche Problem war es, die Fülle der türkischen/osmanischen Literatur faktisch in eine Art dunkles Zeitalter abgeschoben zu haben. Bis zum heutigen Tag kann man noch nicht alle Urkunden oder Schriften im Osmanischen Archiv des Ministerpräsidenten (Başbakanlık Osmanlı Arşivi) in lateinischer Transkription analysieren.

İlber Ortaylı, einer der bedeutendsten Historiker der Türkei, kritisiert jedoch auch die Haltung der Türken. „Die Türken lernen das arabische Alphabet nicht. Egal, wann und wo ich einen Kurs eröffnet habe. In Russland lernten die Russen bereitwillig Arabisch. Türkische Teilnehmer bleiben den Kursen jedoch fern. Wenn man es lernen kann, warum kann ich es ihnen nicht beibringen? Man hat einfach nicht vor, zu lernen. Ich habe nur eine Erklärung: Man sitzt lieber klagend in der Ecke.“

„Verkauft alle osmanischen Schriften ins Ausland“

Wenn die Sache für sich allein mit der Buchstabenrevolution ein Ende gehabt hätte, wären die Folgen nicht so destruktiv gewesen, wie wir es heute kennen und vielleicht könnte man eine gesündere Verbindung zur osmanischen Geschichte aufbauen. Aber die arabischen Buchstaben bzw. die osmanischen Schriften wurden darüber hinaus mit strikten Vorschriften, hohen Strafen und großem Druck verboten.

In dem Geschichtsmagazin „Derin Tarih“ (Juli 2014) wird ein Dokument aus dem Archiv des Ministerpräsidenten der Türkei vorgestellt. Darin ist zu lesen, dass der erste Staatspräsident der türkischen Republik, Kemal Atatürk, kurzerhand fordert, alle osmanischen Bücher und Schriften ins Ausland zu verkaufen. So wurden etwa auch Unmengen osmanischen Schriften nach Bulgarien verkauft. Die eigene Kultur und Geschichte wurde einmal mehr durch die Politik auf die leichte Schulter genommen.