Connect with us

Geschichte

Muss die osmanische Frühgeschichte neu geschrieben werden?

Published

on

Spread the love

Das Osmanische Reich existierte von etwa 1300 bis 1922 und war in seiner Glanzzeit im 15. und 16. Jahrhundert eines der stärksten Mächte der Welt. Noch heute blicken viele Türken mit Stolz auf die osmanische Geschichte. Ein Teil von ihr muss womöglich neu geschrieben werden, sollte sich die These eines Historikers als wahr herausstellen.

Benannt ist das Reich nach seinem Gründer, Osman Gazi. Dieser lebte um die Jahrhundertwende zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert. Wann und wie genau das Reich gegründet wurde, darüber gibt es verschiedene Theorien. Das Problem nämlich ist, dass es für die osmanische Frühzeit so gut wie gar keine Quellen gibt.

Vieles, was die Historiker heute über die Zeit um 1300 und den Ursprung der osmanischen Dynastie wissen, geht auf ein Hauptwerk aus dem 15. Jahrhundert zurück: die Chronik des Aşıkpaşazâde. Dem osmanischen Historiographen zufolge hieß der Vater von Osman Gazi Ertuğrul, sein Großvater Süleyman Şah. Der Historiker Dr. Refik Arıkan behauptet nun, dass das nicht stimmen könne.

„Osman bin Ertuğrul bin Gündüz Alp“: Münze als angebliches Beweisstück

Seit gestern sorgt diese Meldung für große Aufmerksamkeit in der Türkei. In der jüngeren Vergangenheit war Süleyman Şah schließlich immer wieder ein Thema in der türkischen Öffentlichkeit, da sich sein vermutetes Grab in Syrien befindet und wegen der Kriegswirren dort durch türkische Truppen verlegt wurde. Handelt es sich also gar nicht um die Ruhestätte des Urahnen von Osman Gazi?

Arıkan, der an der Şeyh Edebali-Universität in Bilecik tätig ist, stützt seine These auf eine neu entdeckte Münze, die Osman Gazi habe prägen lassen. Darauf sei „Osman bin Ertuğrul bin Gündüz Alp“ zu lesen, also „Osman, Sohn des Ertuğrul, Sohn des Gündüz Alp“ − eine zu damaliger Zeit übliche Widmung auf Geldmünzen. Demnach wäre also nicht Süleyman Şah der Großvater von Osman Gazi, sondern Gündüz Alp.

Osmans Bruder nach Großvater benannt?

Ein gesicherter Beweis ist die Münze, die zudem noch nicht der Öffentlichkeit präsentiert wurde, aber gewiss noch nicht, schließlich könnte es sich um eine Fälschung oder Nachahmung handeln. Weiterhin verweist der Historiker aus Bilecik, das für die osmanische Frühzeit übrigens eine wichtige Rolle spielt, darauf, dass ein älterer Bruder von Osman Gazi Gündüz hieß. Ertuğrul habe ihn womöglich nach seinem Vater benannt. Eine Tradition, die noch heute üblich ist in der Türkei.

Noch bleibt es eine steile These, doch sollte sich die Behauptung des Dozenten tatsächlich bewahrheiten, muss die osmanische Frühgeschichte womöglich umgeschrieben werden.