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Kolumnen

Zuversicht in schwierigen Zeiten

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Noch immer haben es die Menschen, die sich der Gülen-Bewegung (auch Hizmet) verbunden fühlen, in Deutschland nicht leicht. Aber wenn die 2. Jahrestagung der Stiftung Dialog und Bildung, die am Wochenende in einem Hotel an der Frankfurter Peripherie stattfand, ein Gradmesser war, dann sind die ermutigenden Zeichen und Fortschritte unübersehbar. Das liegt zum einen daran, dass sich die Bewegung als eine lernende ansieht, zum anderen daran, dass das Interesse der Wissenschaft und der Qualitätsmedien an Hizmet wächst.

Das gut besuchte zweitätige Treffen, an dem etwa 100 aus dem gesamten Bundesgebiet, aus Österreich und der Schweiz angereiste Personen teilnahmen, verzeichnete eine ganze Reihe von Höhepunkten. Die vielleicht bewegendsten Minuten gab es bei der Verleihung des Dialog-Preises an den aus Äthiopien stammenden Prinzen Asfa-Wossen Asferate, der seit 30 Jahren in der Bundesrepublik lebt und einem größeren Publikum durch sein hinreißendes Buch „Manieren“ bekannt ist – wenn man so will, eine Kulturgeschichte Deutschlands. Man konnte eine Stecknadel fallen hören, als er von seinem uralten, aus dem Hause David stammenden Geschlecht erzählte, von der Rolle Äthiopiens als erstem Zufluchtsort für in Bedrängnis geratene Muslime im 7. Jahrhundert! Der so Geehrte nutzte die Preisverleihung, einen Friedensappell an die europäische Gesellschaft, ja an die Weltgesellschaft zu richten. Denn unausgesprochen überschatteten die jüngsten Ereignisse von Paris den Gedankenaustausch, der angesichts der globalen Herausforderungen im Zeichen des Engagements von Hizmet für universelle Werte stand.

Den Kontrapunkt zur Rede des Geehrten bildete in gewisser Weise der Diskussionsbeitrag der deutschtürkischen Anwältin Seyran Ateş, die auf eine sehr sympathische Weise den Prozess ihrer Annäherung an die Gülen-Bewegung beschrieb. Die engagierte Frauenrechtlerin, ein Kind des Berliner Stadtteils Wedding, versetzte die Zuhörerschaft dann in ein Auf und Ab von Gefühlsregungen, Schmunzeln gepaart mit Entsetzen. Sie begab sich ganz einfach in die Schuhe desjenigen, der der Gülen-Bewegung mit einem tiefen Misstrauen gegenübersteht. Den Meisten sind die Argumente der Kritiker bekannt, aber Ateş demonstrierte, wie weit Verschwörungstheorien gehen können, wie stark sie das Klima vergiften. Aber sie machte auch Mut.

Gülens Entwicklung

Den dritten Vortrag, der aus der Fülle der interessanten Präsentationen und Diskussionsbeiträge hervorzuheben ist, hielt der Erfurter Theologieprofessor Christoph Bultmann. Der Bibelwissenschaftler schlug eine faszinierende Brücke zwischen Altem und Neuem Testament und Koran, der Schlüsselsatz lautete: „Mit der Bibel kann man alles beweisen“. Damit spielte er auch auf die vielen Missverständnisse an, die – oft bewusst herbeigeführt – Gülens Werk, seine Schriften und Predigten umgeben. Viele Kritiker nehmen nicht zur Kenntnis, dass er – wie die meisten Menschen auch – eine Entwicklung, einen Reifeprozess durchlaufen hat. Böswillig und menschenverachtend ist besonders eine Unterstellung, der zufolge er geäußert haben soll, dass der Wechsel der Religion vom Islam zum Christentum oder zu einem anderen Bekenntnis mit dem Tode bestraft werden solle. Eine derartige Ansicht hat der Gelehrte nie vertreten, ihm wurde eine Aussage zum Verhalten von Staaten zum Verhängnis, Religion und Politik wurden absichtsvoll miteinander vermischt. Es sei das Problem, sagte Bultmann, dass sich zu viele „Religionsfunktionäre“ der die Menschen am meisten bewegenden Frage angenommen hätten und bis zum heutigen Tage Verwirrung stifteten.

Mit großer Dankbarkeit nahmen die Anwesenden die Feststellung des Kuratoriumsvorsitzenden zur Kenntnis, dass die neuen Entwicklungen in Deutschland, vor allem der Strom der Flüchtlinge, der das Land vor große Herausforderungen stellt, zur Folge haben, dass alte Trennungslinien nun fortfielen. Von einem Zusammenstehen war die Rede, ja von einer Einheit von Mehrheitsgesellschaft und Minderheit mit türkischen Wurzeln. „ Wir brauchen Euch mehr denn je“, hieß es. Als die Autos am Sonntagnachmittag abfuhren, sah man fröhliche Gesichter, Gesichter mit Zuversicht.