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Politik

Oppositionskandidat İhsanoğlu: Ich bin ein Kandidat der gesamten Türkei

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In Istanbul hat der Gemeinschaftskandidat der Opposition, Ekmeleddin Ihsanoğlu, sein Programm für die Präsidentschaftswahlen in der Türkei vorgestellt. Sein Schwerpunktthema ist dabei die Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung. (Foto: zaman)

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Der Wahlkampf zu den Präsidentschaftswahlen in der Türkei, die am 10. August stattfinden werden, ist in vollem Gange. Das Volk wird bei dieser Wahl zum ersten Mal in der Geschichte des Landes den Präsidenten direkt wählen.

Rechtzeitig zu Beginn der heißen Wahlkampfphase haben die aussichtsreichsten Kandidaten ihr Wahlprogramm der Öffentlichkeit vorgestellt. So auch der Gemeinschaftskandidat der größten Oppositionsparteien, Ekmeleddin İhsanoğlu, der für die Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP) und die Milliyetçi Hareket Partisi (Partei der Nationalen Bewegung; MHP) kandidiert.

In seiner Wahlprogrammvorstellung erinnerte İhsanoğlu daran, dass sich die Türkei in einer kritischen Phase befinde und die anstehenden Präsidentschaftswahlen ausschlaggebend für die nahe Zukunft des Landes sein würden. In diesem Zusammenhang sei es umso wichtiger für ihn, die Einigkeit, den Frieden und die Nächstenliebe im Land voranzutreiben statt Auseinandersetzungen und Entfremdungen zu befeuern, betonte İhsanoğlu. Die Nächstenliebe sei das ausschlaggebende und wichtigste Fundament seines Wahlprogramms.

Die Kernaussagen İhsanoğlus kreisten um Themen wie das vergiftete innenpolitische Klima und die außenpolitischen Unwägbarkeiten, mit denen die Türkei konfrontiert ist.

Keiner steht über dem Gesetz

„Wer den Wind sät, erntet den Sturm. Wer die Eitelkeit sät, erntet den Hass. Wer den Hass sät, erntet den Krieg, dann spricht der eine Nachbar nicht mit den anderen, weil der eine von der einen und der andere von der anderen Partei ist“, warnt İhsanoğlu und betont: „Mir wird gesagt, dass ich ein Kandidat der CHP und der MHP bin. Nein, ich bin ein Kandidat der ganzen Türkei. Ich bin keiner Partei näher oder ferner als einer anderen Partei.“

„Über einen Menschen kann nur die Justiz entscheiden. Wenn die unabhängige Justiz eine Person nicht verurteilt, die einer Straftat beschuldigt wird, kann diese Person auch von keinem anderen verurteilt werden. Sonst wäre dies eine Vorverurteilung ohne rechtlichen Prozess“, so İhsanoğlu. „Leider sehen wir in unserem Land Vorverurteilungen ohne rechtsstaatlichen Prozess. Jeder hat jedem gegenüber ein Vorurteil. Die Gesellschaft spaltet sich. Jeder unterstützt jeweils die Person, die seinem Gedankengut nahesteht und bekämpft andersdenkende Personen. Die Justiz sollte urteilen. Keiner steht über dem Gesetz. Wenn eine Straftat nicht bewiesen ist, gibt es auch keinen Schuldigen. Aus diesem Grunde müssen wir respektvoll gegenüber der Justiz, der Opposition, den Andersdenken, der Regierung und allen Teilen der Gesellschaft sein und überall Respekt im Lande säen.“

Keiner hat das Recht, Menschen als „çapulcular“ und „sıkma baş“ zu beleidigen

Darüber hinaus machte İhsanoğlu deutlich, dass politische Verantwortungsträger Andersdenkende nicht herabwürdigen dürften. „Ich möchte auf dem Acker unseres Landes Liebe sähen. Ich säe Liebe, damit Liebe gedeiht. In der Zeit des postmodernen Putsches vom 28. Februar gab es einen diktatorischen Staat, der unsere jungen Mädchen als „sıkma baş“ („drückender Kopf“; ein Begriff, der für kopftuchtragende Mädchen verwendet wurde) verurteilte. Ich habe mich damals gegen den Staat und auf die Seite der Mädchen gestellt. Aus diesem Grunde wurde mir meine Arbeit weggenommen. Mein Lehrstuhl wurde geschlossen. Ich habe einen Preis dafür gezahlt. Mit der Zeit kamen andere zur Welt, die für ihr Land auf die Straße gegangen sind. Keiner hat das Recht, meine Schüler, aus deren Augen Liebe sprudelt, als „çapulcular“ („Plünderer“; ein Begriff, den Premier Erdoğan in Bezug auf die Gezi-Demonstranten gebraucht und geprägt hat) zu beleidigen“, unterstrich İhsanoğlu.

İhsanoğlu will vor allem den Zusammenhalt im Land wiederherstellen und ein „Wir“-Gefühl rekultivieren. „Seit Jahren setzt sich unser gemeinsames Leid fort, aber unsere gemeinsame Freude haben wir verloren. Wenn ein Land sich nicht gemeinsam freuen kann, dann verliert es so langsam die Eigenschaften eines Landes. Unsere Staudämme, unsere Straßen, unsere Tunnels sind mit Steuern von uns allen gebaut worden. Mit dem Schweiß unser aller, mit dem Wissen unserer Ingenieure. Aber selbst dafür können wir uns nicht gemeinsam freuen.“