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Politik

„Wir brauchen keinen neuen Kenan Evren“

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Die Türkei wird am 10. August 2014 einen neuen Präsidenten wählen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) gilt als aussichtsreichster Kandidat. Der Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) warnt vor einem neuen Kenan Evren. (Foto: Cihan)

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Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Am 30. März 2014 wurden in der Türkei die Kommunalwahlen abgehalten. Nun stellt sich das Land auf die Präsidentschaftswahl ein. Sie findet am 10. August dieses Jahres statt. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der amtierende Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP), der das Land seit 2002 mit absoluter Mehrheit regiert. Es wird erwartet, dass er bis Ende Mai seine Kandidatur offiziell bekannt gibt.

Erdoğan will Präsident des Volkes sein

Der Vorsitzender der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) meldet sich in der Diskussion zu Wort und sagte: „Wir brauchen keinen neun Kenan Evren.“ Gemeint ist der Putschgeneral von 1980, der das Land mit eiserner Faust regierte. Evren ließ sich bei der Volksabstimmung über die Militärverfassung am 7. November 1982 zum Präsidenten mit „besonderen Befugnissen“ wählen. Tayyip Erdoğan gilt nach seinem Sieg bei den Kommunalwahlen als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Präsidenten. Im Falle seiner Wahl will er „ein Präsident des Volkes sein“ und die in der Militärverfassung von 1982 aufgeführten Rechte voll ausschöpfen. Die Pflichten und Rechte eines Präsidenten werden in den Paragraphen 101-106 der Militärverfassung geregelt. Hiernach ist er der oberste Befehlshaber über die Streitkräfte und kann das Kabinett leiten.

Wer kann nach Erdoğan die Partei zusammenhalten?

Die Kolumnistin Nazlı Ilıcak schreibt in der Tageszeitung Bugün, dass es für Erdoğan nicht einfach sein wird als Präsident auch die Partei zu führen. Sie verweist auf die nahe Geschichte und sagt: „Kann er im Falle seiner Wahl zum Präsidenten der Partei einen anderen Vorsitzenden als Abdullah Gül aufzwingen? Wohl kaum. Die Erfahrungen (aus der Vergangenheit) haben uns gezeigt, dass beim Wechsel an der Parteispitze die Regeln anders funktionieren.“

Ilıcak erinnert daran, dass nach dem die Ministerpräsidenten Turgut Özal und Süleyman Demirel in das Çankaya Köşk wechselten, ihre Parteien in die Bedeutungslosigkeit versanken. Der Reformpolitiker Özal war Gründungsvorsitzender der Mutterlandspartei (ANAP) und wurde 1989 zum Präsidenten gewählt. Nach seinem plötzlichen Tod am 17. April 1993 wurde der Ministerpräsident Süleyman Demirel sein Nachfolger. Auch seine Partei, die Partei des Rechten Weges (DYP), verschwand nach einigen Jahren von der politischen Bühne. Der amtierende Präsidenten Abdullah Gül hat hingegen erklärt, dass er „unter den aktuellen Bedingungen keine politischen Zukunftspläne“ hege.

Präsidentschaftswahlen waren immer eine Zäsur

Die Wahl des Präsidenten gilt in der Türkei als eine wichtige Zäsur in der Politik. Zum ersten Mal wird der Präsident direkt vom Volk gewählt. Einige Monate nach den Präsidentschaftswahlen, im Juni 2015, sind die Wahlen zur großen Nationalversammlung.