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Panorama

Wie Böhnhardt und Mundlos die Banken überfielen

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Die mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppe NSU hat nicht nur gemordet. Sie benötigte Geld, um im Untergrund unbemerkt überleben zu können. Woher kam das Geld und wie liefen die Banküberfälle ab? (Foto: dpa)

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Insgesamt 15 Raubüberfälle sollen die Terroristen des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos verübt haben. Vor dem Münchener Oberlandesgericht werden nun Zeugen dieser Straftaten gehört. Dabei wird klar: Einige der Opfer leiden noch heute unter den Folgen der brutalen Übergriffe.

Doch der Reihe nach: Am Dienstag haben mehrere Angestellte der Sparkasse aus Arnstadt dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl berichtet, wie im September 2011 zwei maskierte Männer morgens, kurz nach der Öffnung, ihre Bank stürmten. Sie brüllten: „Überfall“ und gingen äußerst brutal zu Werke.

Mit dem Telefon geschlagen

Als eine Angestellte im gesicherten Kassenraum nicht gleich die Tür öffnete, schlug einer der Männer mit einem Telefon auf ihre Kollegin, Gundula K., ein. Die Bankkaufrau leidet bis heute unter den Folgen des Überfalls. „Fünf, sechs Mal hat er mich geschlagen“, berichtet die Zeugin sichtlich erregt vor Gericht.

Seitdem kann die 45-Jährige, trotz einer mehrmonatigen psychologischen Behandlung, nicht mehr im Kundenbereich arbeiten. Sie habe nach dem Raubüberfall lange Zeit Probleme gehabt, überhaupt ihre Wohnung zu verlassen und einkaufen zu gehen, berichtet sie. Wenn sie an den Überfall denke, „kommt alles wieder hoch“.

Mit einer Handgranate in den Tresorraum

Im Kassenraum stand damals Sabine K. Vor Gericht sagt sie: „Er stand vor mir, es war nur die Tür zwischen uns, und er hat gesagt: ‚Machen Sie auf, sonst fliegen wir alle in die Luft!’“ In seiner Hand hielt der Mann eine Handgranate – eine Attrappe, die Ermittler später bei den Terroristen fanden. Die Frau öffnete daraufhin sofort die Tür.

So gelang es einem der Täter, bis in den Tresorraum der Sparkasse vorzudringen. Am Zeitschloss scheiterte er jedoch – auch weil der Filialeiter, der bereits den Alarmknopf gedrückt hatte, um Geduld bat. Ein weiterer Zeuge, der Bankangestellte Owald A., beschreibt die Täter als „hektisch“ und „unprofessionell“: „Ich habe gedacht, das sind Dilettanten, die Täter. Wir haben Riesenschilder, dass der Tresor zeitschlossgesichert ist.“

15.000 Euro erbeutet

Owald A. macht das seitdem am meisten zu schaffen: „Dass man in so einer Situation Angst hat, hilflos ist – und wütend. Man ist ja ein Mann und hätte die Möglichkeit gehabt, den niederzuschlagen. Aber was, wenn man so eine Heldentat vollbracht hätte – und die hätten dann eine Kollegin erschossen?“

Böhnhardt und Mundlos dauerte das Warten auf das Zeitschloss offenbar zu lange. Auf Fahrrädern ergriffen sie die Flucht und noch vor dem Eintreffen der Polizei waren sie außer Reichweite. Sie erbeuteten lediglich 15.000 Euro – für einen Banküberfall, das hohe Risiko und die Brutalität, mit der sie den Überfall durchführten, relativ wenig Geld.

Die schreckliche Bilanz des NSU

Die Terrorgruppe des sogenannten NSU soll von 2000 bis 2011 aus Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bestanden haben. Die beiden mutmaßlichen männlichen Mitglieder der Gruppe sollen acht türkischstämmige und einen griechischen Händler sowie eine Polizistin getötet und 14 Banken in Chemnitz, Zwickau, Stralsund und Arnstadt überfallen haben.

Zschäpe ist seit 2013 wegen Mittäterschaft in zehn Mordfällen, besonders schwerer Brandstiftung und Mitgliedschaft in und Gründung einer terroristischen Vereinigung vor dem Münchener Oberlandesgericht angeklagt. Seit mehr als drei Jahren sitzt sie in Untersuchungshaft.

Mittlerweile haben die Taten des sogenannten NSU fünf Untersuchungsausschüsse auf Bundes- und Länderebene beschäftigt und unzählige Entlassungen und Rücktritte verursacht. Wirkliche Erkenntnisse bleiben jedoch rar, Verschwörungstheorien beliebt.