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Politik

Kurdische Königsmacher

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Historischer Zusammenschluss mit der HDP
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Vom Paria zur Erfolgsgarantin: Die türkisch-kurdische HDP verhalf Erdoğan-Gegnern zum Wahlerfolg – insbesondere in Istanbul. Die Forderungen der HDP dürften nun selbstbewusster werden.

Der Themenkomplex „Kurden“ ist für Recep Tayyip Erdoğan kontrovers. Während er regelmäßig von seinen „kurdischen Geschwistern“ spricht, lehnt er politische und militärische Bestrebungen von einzelnen kurdischen Gruppierungen rigoros ab. In Erinnerung ist der erbittert geführte Krieg der türkischen Armee in Ostanatolien, der wochenlange Ausgangssperren und zahlreiche verwüstete Städte hinterließ. Mit der Operation Olivenzweig bekämpfte Erdoğan kurdische Widersacher sogar jenseits der türkischen Grenze in Nordsyrien. Pläne für eine neuerliche Offensive gegen die YPG, die er ausnahmslos als terroristisch und als verlängerten Arm der Terrorgruppe PKK einstuft, dürften in seiner Schublade liegen.

HDP mit ausgeklügelter Strategie bei Kommunalwahlen

Seit Neuestem ärgern ihn politische Vertreter der Kurden – dieses Mal in Istanbul und Ankara. Gemeint ist die HDP, die bei den Kommunalwahlen mit einer ausgeklügelten Strategie antrat.

Denn die HDP bewarb sich selbst nur in der vornehmlich von Kurden bewohnten Osttürkei um die lokalen Parlamente und Bürgermeisterämter. In den westtürkischen Metropolen Istanbul und Ankara verzichtete sie indes auf eigene Kandidaten und rief ihre Wähler zur Unterstützung der CHP oder der IYI Parti auf.

Erdoğan verliert die Metropolen

Das Kalkül dahinter: Gebündelt gegen die Regierungspartei AKP anzutreten, steigert die Chancen, der Erdoğan-Partei möglichst schwere Verluste beizubringen. Die Rechnung ging auf: Die AKP verlor die Rathäuser Istanbuls, Ankaras und andere Großstädte an Kandidaten der Opposition. So spielte die HDP bei der Wachablösung zwar personell keine Rolle. Der inhaftierte Parteichef Selahattin Demirtaş und seine Getreuen dürfen sich aber durchaus als Königsmacher betrachten.

Historischer Zusammenschluss

Das ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum Einen ist der Zusammenschluss der Oppositionsparteien eine historisch einmalige Übereinkunft. Ähnliches hatte es im türkischen Parteiensystem, das traditionell von Polarisierung und offener Feindschaft geprägt ist, nie zuvor gegeben. Im Gegenteil: Nicht selten kam es in der Vergangenheit zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien.

Hinzu kommt: Dass HDP und CHP bei den Kommunalwahlen kooperierten, gleicht einer Sensation. Schließlich hatte die CHP vor drei Jahren im türkischen Parlament für die Aufhebung der Immunität von HDP-Abgeordneten gestimmt. Das hatte unter anderem zur Inhaftierung von Parteichef Demirtaş geführt.

Die HDP dürfte nun mit neuem Selbstbewusstsein in künftige Verhandlungen gehen. Die anderen Oppositionsparteien wissen das. In Istanbul versprach CHP-Wahlsieger Ekrem İmamoğlu umgehend, mehr auf die Rechte der Kurden und anderen Minderheiten zu achten. Er weiß: Ohne die Stimmen der HDP hätte er das Istanbuler Rathaus nicht gewonnen. In naher Zukunft dürfte in der Türkei kein Weg an der türkischen Kurdenpartei vorbeiführen.